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Samstag, 15. Dezember 2012


We are nowhere and it's now


Trees

I think that I shall never see
A poem lovely as a tree.

A tree whose hungry mouth is prest
Against the sweet earth's flowing breast;

A tree that looks at God all day,
And lifts her leafy arms to pray;

A tree that may in summer wear
A nest of robins in her hair;

Upon whose bosom snow has lain;
Who intimately lives with rain.

Poems are made by fools like me,
But only God can make a tree.



Freitag, 14. Dezember 2012


Ich liebe jene ersten bangen Zärtlichkeiten,
die halb noch Fragen sind und halb schon Anvertraun,
weil hinter ihnen schon die andern Stunden schreiten,
die sich wie Pfeiler wuchtend in das Leben baun.

Ein Duft sind sie; des Blutes flüchtigste Berührung,
ein rascher Blick, ein Lächeln, eine leise Hand
sie knistern schon wie rote Funken der Verführung
und stürzen Feuergarben in der Nächte Brand.

Und sind doch seltsam süß, weil sie im Spiel gegeben,
noch sanft und absichtslos und leise nur verwirrt,
wie Bäume, die dem Frühlingswind entgegenbeben,
der sie in seiner harten Faust zerbrechen wird.

(Stefan Zweig)

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Not going anywhere


"This is why I always whisper 
I'm a river with a spell 
I like to hear but not to listen, 
I like to say but not to tell 

This is why I always wonder 
There's nothing new under the sun 
I won't go anywhere so give my love to everyone"

Für Einen


Die Andern sind das weite Meer. 
Du aber bist der Hafen. 
So glaube mir: kannst ruhig schlafen, 
Ich steure immer wieder her.

Denn all die Stürme, die mich trafen, 
Sie liessen meine Segel leer. 
Die Andern sind das bunte Meer, 
Du aber bist der Hafen.

Du bist der Leuchtturm. Letztes Ziel. 
Kannst Liebster, ruhig schlafen. 
Die Andern... das ist Wellenspiel,

Du aber bist der Hafen.

(Mascha Kaleko)

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Den Weg finden


Nachts schwimme ich 
im Strom der Sterne 
die mich träumen 
An Feiertagen 
lieg ich im Waldschatten 
und sehne mich 
nach dem Licht das erleuchtet

um meinen Weg zu finden 
zu deinem Weg

(Rose Ausländer)

Dienstag, 11. Dezember 2012


I still find each day too short
 for all the thoughts I want to think
all the walks I want to take
all the books I want to read
and all the friends I want to see.

( John Burroughs)

An den nächsten Abend

Meine Haut wird enger.
Die Jahre haben sie gespannt.
Es kann sein, meine
Stimme wird leiser.
Ich bündle das Gelächter
von gestern, das schöne 
Selbstvergessen und
verschenke dies alles:
die fremden Stimmen, die
mir vertraut wurden; alle
jene verwegenen Sätze
der Hoffnung; Gesichter
die ich auswendig kann -
und diese Bescheinigungen,
die den Tag haltbar machen sollen:
Dies alles verschenke ich
für die Freundlichkeit an
Abenden, für das geübte
Schweigen, für die ungesprochenen
Sätze und für die Gunst,
aufzubrechen ohne Verabredung
für den Morgen.

(Peter Härtling)

Winter Lady


"...You chose your journey long before 
you came upon this highway...."


Montag, 10. Dezember 2012

Meine Gegenwart


Wenn ich bei euch bin,
wenn ich allein bin,
wenn jemand über mich redet
wenn man mich öffentlich macht – nie bin ich da.
Niemand kann sagen:
man sieht sie ihm an, man erwischt ihn damit, er ist dieser & der –
ich bin es nicht
Ich bin dort wo Formalitäten
Unnötig sind: ein Körper
Der im offenen Denksystem durch die Kanäle
Den Nerven entlang fährt 
Ich bin jemand der alles umbaut, sich in wenig 
Verpflichtungen verhängt, der keine Zeitmechanismen ernst nimmt,
oder ein Rest von Erotik & Sex
Ich laufe durch die Häuser als ob 
Sie fehlten, ich bin vielleicht du
Wahrscheinlich viele zusammen oder niemand
Oder ein Hustenreiz oder launischer Liebhaber auf Zeit.
Ich höre zu was über mich gesagt wird
Es interessiert mich nicht.
Vielleicht sieht sich jemand so
Vielleicht bin ich auf Spitzbergen;
In einigen Fällen bebt er.
Das ist ein winziger Teil meiner Gegenwart & und es ist noch viel zu tun.

(Beat Brechbühl)

Aimless Love

This morning as I walked along the lakeshore,
I fell in love with a wren
and later in the day with a mouse
the cat had dropped under the dining room table.

In the shadows of an autumn evening,
I fell for a seamstress
still at her machine in the tailor’s window,
and later for a bowl of broth,
steam rising like smoke from a naval battle.

This is the best kind of love, I thought,
without recompense, without gifts,
or unkind words, without suspicion,
or silence on the telephone.

The love of the chestnut,
the jazz cap and one hand on the wheel.

No lust, no slam of the door –
the love of the miniature orange tree,
the clean white shirt, the hot evening shower,
the highway that cuts across Florida.

No waiting, no huffiness, or rancor –
just a twinge every now and then
for the wren who had built her nest
on a low branch overhanging the water
and for the dead mouse,
still dressed in its light brown suit.

But my heart is always propped up
in a field on its tripod,
ready for the next arrow.

After I carried the mouse by the tail
to a pile of leaves in the woods,
I found myself standing at the bathroom sink
gazing down affectionately at the soap,
so patient and soluble,
so at home in its pale green soap dish.

I could feel myself falling again
as I felt its turning in my wet hands
and caught the scent of lavender and stone.

(Billy Collins)


Sonntag, 9. Dezember 2012


Schneelied

Mit dem Schnee
will ich trauern.
Schmelzen wird er
und deine Schritte
vergessen.
Hier
bist du gegangen.

Kehr zurück.
Lass dich bitten
mit dem erwachten
Fluss,
dem wieder
gefundenen Land.

Jetzt,
nach dem Frost,
tauen in meinen Briefen
die Sätze
und holen dich,
ohne Gedächtnis,
ein.

Kehr zurück.
Und sei
wie vor dem Schnee.

(Peter Härtling)

Ich würde so gerne etwas Zärtliches
Schreiben
Kaum Fühlbares
etwas
das man gerade noch spüren kann.
Wie man den Blick eines lieben Menschen
auf der Haut spürt.
Dank
auch wenn er nur gedacht
auch wenn er nur ganz kurz
und im Vorübergehen gedacht ist.
Schlichtheit
(schlichte Menschen vergrößern einen Raum
wenn sie durch die Tür treten).
Kinder spürt man
auch die leisen Kinder
bei denen man immer das Gefühl hat
man müsste den Mund halten
denn sie wissen schon lange alles.
Herzlichkeit
vor allem Herzlichkeit
(ich kenne Menschen
die dich mit einer Selbstverständlichkeit
in ihren Herzen aufnehmen
dass dir schwindlig wird).
Von all dem würde ich so gerne
Schreiben.

(Konstantin Wecker)




Allegria di  naufragi 
                
E subito riprende
il viaggio
come
dopo il naufragio
un superstite
lupo di mare


Freude der Schiffbrüche
               
Und plötzlich nimmst du
die Fahrt wieder auf
wie 
nach dem Schiffbruch
ein überlebender 
Seebär

(Giuseppe Ungaretti)

Samstag, 8. Dezember 2012



Das Fremde
hat uns im Netz,
die Vergänglichkeit greift
ratlos durch uns hindurch,
zähl meinen Puls, auch ihn,
in dich hinein,
dann kommen wir auf,
gegen dich, gegen mich,
etwas kleidet uns ein,
in Taghaut, in Nachthaut,
fürs Spiel mit dem obersten, fall-
süchtigen Ernst.

(Paul Celan)




Donnerstag, 6. Dezember 2012

Leben heisst 
eine Geschichte zu weben
 von einem Anfang
den wir nicht erinnern
zu einem Ende
von dem wir nichts wissen.

(Heike Maleschka)

HOPE


It hovers in dark corners
before the lights are turned on,
it shakes sleep from its eyes
and drops from mushroom gills,
it explodes in the starry heads
of dandelions turned sages,
it sticks to the wings of green angels
that sail from the tops of maples.
It sprouts in each occluded eye
of the many-eyed potato,
it lives in each earthworm segment
surviving cruelty,
it is the motion that runs the tail of a dog,
it is the mouth that inflates the lungs
of the child that has just been born.
It is the singular gift
we cannot destroy in ourselves,
the argument that refutes death,
the genius that invents the future,
all we know of God.
It is the serum which makes us swear
not to betray one another;
it is in this poem, trying to speak.

(Lisel Mueller)

Mittwoch, 5. Dezember 2012

"Better to live one day as a tiger than a thousand years as a sheep..."




im zimmer sitzen
und auf wörtern reisen

auf sätzen durch 
verschlossene türen fliegen

herzen
aufschliessen mit dem
schlüssel wort

fluchen, segnen, hassen, lieben
alles
wortwörtlich

(eveline hasler)

Dienstag, 4. Dezember 2012

"die dinge, die wir sehen, sind dieselben dinge, die in uns sind. es gibt keine wirklichkeit als die, die wir in uns haben. darum leben die meisten menschen so unwirklich, weil sie die bilder ausserhalb für das wirkliche halten und ihre eigene welt in sich gar nicht zu worte kommen lassen. man kann glücklich dabei sein. aber wenn man einmal das andere weiss, dann hat man die wahl nicht mehr, den weg der meisten zu gehen." 
(hermann hesse)

Montag, 3. Dezember 2012


It is I who must begin.
Once I begin, once I try --
here and now,
right where I am,
not excusing myself
by saying things
would be easier elsewhere,
without grand speeches and
ostentatious gestures,
but all the more persistently
-- to live in harmony
with the "voice of Being," as I
understand it within myself
-- as soon as I begin that,
I suddenly discover,
to my surprise, that
I am neither the only one,
nor the first,
nor the most important one
to have set out
upon that road.

Whether all is really lost
or not depends entirely on
whether or not I am lost.

(Vaclav Havel)

Sonntag, 2. Dezember 2012

Beside you


Winterschneetage





Woher kommen die Träume?


Wenn du unruhig bist, kommen sie aus der Ruhe.
Wenn du ruhig bist, kommen sie aus der Unruhe.
Wenn du kalt hast, kommen sie aus der Hitze.
Wenn du heiss hast, kommen sie aus der Kälte.
Aber immer bringen sie dir eine Nachricht
aus den abgelegenen Provinzen deiner selbst.
Und wenn du noch nichts begriffen hast,
wissen sie schon alles.

(Franz Hohler)