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Sonntag, 6. September 2015

Deine Erfahrungen 
sollten nirgends umkehren, 
nicht erschrecken,
an keinen Türen horchen, 
überall leise und aufrecht durchgehen...

Rainer Maria Rilke

Dienstag, 1. September 2015

dieser streifen blau
im fensterrahmen

wie gross er plötzlich ist

welche möglicheiten auf einmal
darin träumen

( Otto Lenk)


Ich lausche
den Graswurzeln nach
und ihren verschwiegenen Gesängen
sinke tiefer und
tiefer
sommerwärts
in Arme aus Grün
und lasse die Gedanken
spazierengehen
über den  Rand der Wolken
und weiter ins große
Blau.

(Isabella Schneider)

Sonntag, 23. August 2015


Verbünde dich mit der Hoffnung.
Lass dich nicht einfangen im Netz der Zweifel.
Schlage dich ins Gebüsch der guten Erinnerung.
Tauche ab in dei Wellen zweckfreien Spiels.
Birg dich in den Umarmungen deiner Lieben.
Grabe nach den Schätzen in dir.
Hüte dein Feuer.
Zünde ein Licht an in der Dunkelheit.
Singe ein Lied.
Lass die Traurigkeit Platz nehmen.
Schau der Angst ins Gesicht.
Geh in den Zauberwald der Worte.
Verdichte deine Furcht.
Habe Geduld mit dir selbst.
Sei gut zu dir.

(Christine Ruppert)

Spätsommer


Samstag, 8. August 2015

Was brauchen wir?

Tröstende Worte
statt harte Befehle;
wohlwollende Anteilnahme
statt vernichtender Kritik;
geduldiges Dasein
statt dauernder Hetze;
gewährendes Loslassen
statt ängstliches Festhalten;
ermutigendes Fördern
statt unsinniges Fordern;
einfühlsames Verständnis
statt vorschnelles Urteilen;
liebevolle Unterstützung
statt distanziertes Zuschauen;
zärtliche Berührungen
statt hartes Durchgreifen.

Wir brauchen Menschen,
die zu uns ja sagen,
obwohl wir nicht so sind
wie sie uns haben wollen. 

(Max Feigenwinter)

Dienstag, 4. August 2015


Vögel mit Wurzeln

Meine Worte sind Vögel
mit Wurzeln

immer tiefer
immer höher
Nabelschnur.

Der Tag blaut aus
die Worte sind schlafen gegangen.

(Hilde Domin)

like a bird on a wire.....




Ein Lied
erfinden
heisst 
geboren werden
und tapfer singen
von Geburt zu Geburt

(Rose Ausländer)

Sonntag, 2. August 2015

Ja Nein

Am Anfang
ohne Ende
das Wort

Einverstanden sein
und rebellieren

Nicht Wald
Nicht Vogel
Nicht Stern

Tausendverneiner
die Erde
bejaht dich

(Rose Ausländer)

Samstag, 1. August 2015


Dein Atem

lebt in
mir

fliegt mit
den Vögeln

trägt
meine Träume
in den Himmel

aus allem
bin ich

in allem
werde ich

(Rea Revekka Poulharidou)

Sonntag, 19. Juli 2015


Ich schwöre es
das Lösungswort
heisst
Liebe

(Rose Ausländer)

Freitag, 17. Juli 2015



Längst ist des Halbdunkel
meines Waldes gefällt;
neue Bäume wachsen
aus alten Wurzeln,
dichter Schattenregen.
Nicht mein Dunkel,
nicht meine Vögel,
nicht mein Wild
scheut;
mit vorsichtig ausgestreckten
Händen geh ich
durch die schmalen Stollen
des Tags,
und nur manchmal
stolpert mein Fuß
wie zufällig
über die alte
Wurzel
der Kindheit.

(Stanislaw Jerzy Lec )

Sonntag, 12. Juli 2015


Du bist
unwiderstehlich
Wahrheit
Ich erkenne dich
und nenne dich
Glück

(Rose Ausländer)

Montag, 6. Juli 2015

Sonntag, 5. Juli 2015

Vorübungen für ein Wunder

Vor dem leeren Baugrund
mit geschlossenen Augen warten
bis das alte Haus
wieder dasteht und offen ist
Die stillstehende Uhr
so lange ansehen
bis der Sekundenzeiger
sich wieder bewegt
An dich denken
bis die Liebe
zu dir
wieder glücklich sein darf
Das Wiedererwecken
von Toten
ist dann
ganz einfach

( Erich Fried)



Traumfängerin

Dann
wenn der Tag
sein Lichtgewand
ablegt
und
dein Nachtvogel
mich erreicht

steige ich
auf die Zinnen
der Dächer
durchschreite
Mauern
schwebe
über das
Wasser

und lege mich
sanft
auf deine Augen
bin bei dir

bis der Tag beginnt
du meine
Traumfängerin


(Rea Revekka Poulharidou)

Montag, 29. Juni 2015


Manchmal fühlt sie: Das Leben ist gross, 
wilder wie Ströme die schäumen, 
wilder wie Sturm in den Bäumen. 
Und leise lässt sie die Stunden los 
und schenkt ihre Seele den Träumen. 

( Rainer Maria Rilke )

Freitag, 26. Juni 2015

Dienstag, 23. Juni 2015

Kopfkissengedicht

Dafür, dass du bis in die Fingerspitzen
anwesend bist, dass es dich verlangt,
dafür, wie du die Knie biegst
und mir dein Haar zeigst,
für deine Temperatur
und deine Dunkelheit;
für deine Nebensätze,
das geringe Gewicht der Ellenbogen
und die materielle Seele,
die in der kleinen Mulde
über dem Schlüsselbein schimmert;
dafür, dass du gegangen
und gekommen bist, und für alles,
was ich nicht von dir weiss,
sind meine einsilbigen Silben
zuwenig, oder zuviel.

(Hans Magnus Enzensberger)

Sonntag, 14. Juni 2015

Dieser grosse herrliche Wind,
der Himmel auf Himmel baut;
in sein Land möchte ich gehen und auf seinen Wegen.
Und vielleicht hast Du ihn auch um Dich
in Deinem heimatlichen Garten und siehst am Morgen
sein Bildnis in den Bäumen, die er bewegt…

(Rainer Maria Rilke)