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Samstag, 22. Dezember 2012
Immer ist Ort und Stunde.
Immer bist du gemeint.
Und es ist jede Wunde
einmal zu Ende geweint.
So viele Schritte gegangen,
egal, wohin sie geführt.
Hauptsache angefangen,
ab und zu Leben gespürt.
Immer ist immer und weiter,
Immer – das bist du.
Die Tore öffnen sich und heiter
schreitet der Tag auf dich zu.
(Konstantin Wecker)
Donnerstag, 20. Dezember 2012
Mittwoch, 19. Dezember 2012
Dienstag, 18. Dezember 2012
In der Zwischenzeit
Wenn Sehnsucht nur die Sucht ist sich zu sehnen
nach dem was man versäumt
was macht dann ein Traum den gerade niemand träumt
zurück oder alleine gelassen, mit nichts von sich übrig
zum anfassen oder loslassen
aber seltsam gewiss, dass da mehr ist
mehr als man sehen kann
und mehr als man erzählen kann
damit man daran nicht zerbricht
bleibt man ganz
betrachtet das ganze etwas aus der Distanz
im Glauben man distanziert sich ja bloß
und plötzlich sind die Dinge ihre Seelen los...
(Wolfgang Müller)
(Wolfgang Müller)
Advent
Der Frost haucht zarte Häkelspitzen
perlmuttergrau ans Scheibenglas.
Da blühn bis an die Fensterritzen
Eisblumen, Sterne, Farn und Gras.
Kristalle schaukeln von den Bäumen
die letzten Vögel sind entflohn.
Leis fällt der Schnee. In unsern Träumen
weihnachtet es seit gestern schon.
(Mascha Kaleko)
Montag, 17. Dezember 2012
Je suis comme un enfant qui n'a plus droit aux larmes,
Conduis-moi au pays où vivent les braves gens
Conduis-moi dans la nuit, entoure-moi d'un charme,
Je voudrais rencontrer des êtres différents.
Je porte au fond de moi une ancienne espérance
Ich bin wie ein Kind, das nicht mehr weinen darf,
Führ mich in das Land, wo die gutmütigen Menschen leben
Führ mich durch die Nacht, umhülle mich mit einem Zauber
Ich möchte so gern Wesen begegnen, die anders sind.
Ich trage tief in mir eine uralte Hoffnung
(Michel Houellebecq)
Sonntag, 16. Dezember 2012
Ich habe mein Ohr an das Herz
der Erde gelegt.
Sie hat mir von der Liebe zwischen sich
und dem Regen erzählt.
Ich habe mein Ohr an das Herz
des Wassers gelegt.
Es hat mir von der Liebe zwischen sich
und seinen Quellen erzählt.
Ich habe mein Ohr an das Herz
des Baumes gelegt.
Er hat mir von der Liebe zwischen sich
und seinen Blättern erzählt.
Als ich mein Ohr an das Herz
der Liebe selbst gelegt habe,
hat sie mir von der Freiheit erzählt.
(Sherko Berkas)
Samstag, 15. Dezember 2012
Trees
I think that I shall never see
A poem lovely as a tree.
A tree whose hungry mouth is prest
Against the sweet earth's flowing breast;
A tree that looks at God all day,
And lifts her leafy arms to pray;
A tree that may in summer wear
A nest of robins in her hair;
Upon whose bosom snow has lain;
Who intimately lives with rain.
Poems are made by fools like me,
But only God can make a tree.
A tree whose hungry mouth is prest
Against the sweet earth's flowing breast;
A tree that looks at God all day,
And lifts her leafy arms to pray;
A tree that may in summer wear
A nest of robins in her hair;
Upon whose bosom snow has lain;
Who intimately lives with rain.
Poems are made by fools like me,
But only God can make a tree.
Freitag, 14. Dezember 2012
Ich liebe jene ersten bangen Zärtlichkeiten,
die halb noch Fragen sind und halb schon Anvertraun,
weil hinter ihnen schon die andern Stunden schreiten,
die sich wie Pfeiler wuchtend in das Leben baun.
Ein Duft sind sie; des Blutes flüchtigste Berührung,
ein rascher Blick, ein Lächeln, eine leise Hand
sie knistern schon wie rote Funken der Verführung
und stürzen Feuergarben in der Nächte Brand.
Und sind doch seltsam süß, weil sie im Spiel gegeben,
noch sanft und absichtslos und leise nur verwirrt,
wie Bäume, die dem Frühlingswind entgegenbeben,
der sie in seiner harten Faust zerbrechen wird.
(Stefan Zweig)
Donnerstag, 13. Dezember 2012
Not going anywhere
"This is why I always whisper
I'm a river with a spell
I like to hear but not to listen,
I like to say but not to tell
This is why I always wonder
There's nothing new under the sun
I won't go anywhere so give my love to everyone"
Für Einen
Die Andern sind das weite Meer.
Du aber bist der Hafen.
So glaube mir: kannst ruhig schlafen,
Ich steure immer wieder her.
Denn all die Stürme, die mich trafen,
Sie liessen meine Segel leer.
Die Andern sind das bunte Meer,
Du aber bist der Hafen.
Du bist der Leuchtturm. Letztes Ziel.
Kannst Liebster, ruhig schlafen.
Die Andern... das ist Wellenspiel,
Du aber bist der Hafen.
(Mascha Kaleko)
Mittwoch, 12. Dezember 2012
Den Weg finden
Nachts schwimme ich
im Strom der Sterne
die mich träumen
An Feiertagen
lieg ich im Waldschatten
und sehne mich
nach dem Licht das erleuchtet
um meinen Weg zu finden
zu deinem Weg
(Rose Ausländer)
Dienstag, 11. Dezember 2012
An den nächsten Abend
Meine Haut wird enger.
Die Jahre haben sie gespannt.
Es kann sein, meine
Stimme wird leiser.
Ich bündle das Gelächter
von gestern, das schöne
Selbstvergessen und
verschenke dies alles:
die fremden Stimmen, die
mir vertraut wurden; alle
jene verwegenen Sätze
der Hoffnung; Gesichter
die ich auswendig kann -
und diese Bescheinigungen,
die den Tag haltbar machen sollen:
Dies alles verschenke ich
für die Freundlichkeit an
Abenden, für das geübte
Schweigen, für die ungesprochenen
Sätze und für die Gunst,
aufzubrechen ohne Verabredung
für den Morgen.
(Peter Härtling)
Montag, 10. Dezember 2012
Meine Gegenwart
Wenn ich bei euch bin,
wenn ich allein bin,
wenn jemand über mich redet
wenn man mich öffentlich macht – nie bin ich da.
Niemand kann sagen:
man sieht sie ihm an, man erwischt ihn damit, er ist dieser & der –
ich bin es nicht
Ich bin dort wo Formalitäten
Unnötig sind: ein Körper
Der im offenen Denksystem durch die Kanäle
Den Nerven entlang fährt
Ich bin jemand der alles umbaut, sich in wenig
Verpflichtungen verhängt, der keine Zeitmechanismen ernst nimmt,
oder ein Rest von Erotik & Sex
Ich laufe durch die Häuser als ob
Sie fehlten, ich bin vielleicht du
Wahrscheinlich viele zusammen oder niemand
Oder ein Hustenreiz oder launischer Liebhaber auf Zeit.
Ich höre zu was über mich gesagt wird
Es interessiert mich nicht.
Vielleicht sieht sich jemand so
Vielleicht bin ich auf Spitzbergen;
In einigen Fällen bebt er.
Das ist ein winziger Teil meiner Gegenwart & und es ist noch viel zu tun.
(Beat Brechbühl)
Aimless Love
This morning as I walked along the lakeshore,
I fell in love with a wren
and later in the day with a mouse
the cat had dropped under the dining room table.
In the shadows of an autumn evening,
I fell for a seamstress
still at her machine in the tailor’s window,
and later for a bowl of broth,
steam rising like smoke from a naval battle.
This is the best kind of love, I thought,
without recompense, without gifts,
or unkind words, without suspicion,
or silence on the telephone.
The love of the chestnut,
the jazz cap and one hand on the wheel.
No lust, no slam of the door –
the love of the miniature orange tree,
the clean white shirt, the hot evening shower,
the highway that cuts across Florida.
No waiting, no huffiness, or rancor –
just a twinge every now and then
for the wren who had built her nest
on a low branch overhanging the water
and for the dead mouse,
still dressed in its light brown suit.
But my heart is always propped up
in a field on its tripod,
ready for the next arrow.
After I carried the mouse by the tail
to a pile of leaves in the woods,
I found myself standing at the bathroom sink
gazing down affectionately at the soap,
so patient and soluble,
so at home in its pale green soap dish.
I could feel myself falling again
as I felt its turning in my wet hands
and caught the scent of lavender and stone.
(Billy Collins)
Sonntag, 9. Dezember 2012
Schneelied
Mit dem Schnee
will ich trauern.
Schmelzen wird er
und deine Schritte
vergessen.
Hier
bist du gegangen.
Kehr zurück.
Lass dich bitten
mit dem erwachten
Fluss,
dem wieder
gefundenen Land.
Jetzt,
nach dem Frost,
tauen in meinen Briefen
die Sätze
und holen dich,
ohne Gedächtnis,
ein.
Kehr zurück.
Und sei
wie vor dem Schnee.
(Peter Härtling)
Ich würde so gerne etwas Zärtliches
Schreiben
Kaum Fühlbares
etwas
das man gerade noch spüren kann.
Wie man den Blick eines lieben Menschen
auf der Haut spürt.
Dank
auch wenn er nur gedacht
auch wenn er nur ganz kurz
und im Vorübergehen gedacht ist.
Schlichtheit
(schlichte Menschen vergrößern einen Raum
wenn sie durch die Tür treten).
Kinder spürt man
auch die leisen Kinder
bei denen man immer das Gefühl hat
man müsste den Mund halten
denn sie wissen schon lange alles.
Herzlichkeit
vor allem Herzlichkeit
(ich kenne Menschen
die dich mit einer Selbstverständlichkeit
in ihren Herzen aufnehmen
dass dir schwindlig wird).
Von all dem würde ich so gerne
Schreiben.
(Konstantin Wecker)
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