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Sonntag, 7. September 2014


Einfach so
ziehen die Tage dahin
eilig wie die Wolken
die sich türmen
und wieder auflösen
es bleibt dir
ein Geschmack von Glück
auf der Zunge
in den Augen
tanzende Sonnenfunken
im Rücken
ein dich forttreibender Wind
in den Händen ein Feuerstein
als Faustpfand
eingefangener Zeit

(Annemarie Schnitt)

Die Farben der Anemonen
werden bleich

Mach dir nichts vor
es geht zu Ende

Unsichtbare Raubtiere
schleichen
um deine Lebenslust

Angst durchbohrt
deinen Sommertraum

Bald 
blühen Eisblumen

Erfinde
ein Apfellied

(Rose Ausländer)

Samstag, 6. September 2014

Freitag, 29. August 2014

Lieber Mensch...

Lieber Mensch,
du hast alles falsch verstanden.
Du bist nicht hier, um bedingungslose Liebe zu meistern.
Die ist da, wo du her kommst und wieder hin zurück gehst.
Du bist hier, um persönliche Liebe zu lernen,
universelle Liebe, schmuddelige Liebe, verschwitzte Liebe,
verrückte Liebe, zerbrochene Liebe, ganze Liebe,
erhellt von Göttlichkeit.
Gelebt durch die Eleganz des Stolperns.
Offenbart durch die Schönheit des Versagens - meistens.
Du bist nicht hier, um perfekt zu werden. Du bist es schon!
Du bist hier, um menschlich zu sein,
fehlerhaft und fabelhaft.,
um dann wieder in die Erinnerung aufzusteigen.
Aber bedingungslose Liebe? Erzähl mir nichts.
In Wahrheit braucht Liebe keine Adjektive,
keine Veränderungen, keine Bedingungen der Perfektion.
Es braucht nur, dass du da bist und dein Bestes gibst.
Es braucht nur, dass du präsent bleibst und alles fühlst,
dass du strahlst und fliegst und lachst und schreist,
dich verletzt und heilst und fällst und aufstehst und spielst
und arbeitest und lebst und stirbst als DU selbst.
Das ist genug, das ist viel!

(Courtney A. Walsh)
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Dear Human: You’ve got it all wrong. 
You didn’t come here to master unconditional love. 
That is where you came from and where you’ll return. 
You came here to learn personal love. 
Universal love. Messy love. Sweaty love. 
Crazy love. Broken love. Whole love. 
Infused with divinity. Lived through the grace of stumbling. 
Demonstrated through the beauty of… messing up. Often. 
You didn’t come here to be perfect. You already are. 
You came here to be gorgeously human. Flawed and fabulous. 
And then to rise again into remembering.
But unconditional love? Stop telling that story. 
Love, in truth, doesn’t need ANY other adjectives. 
It doesn’t require modifiers. 
It doesn’t require the condition of perfection. 
It only asks that you show up. And do your best. 
That you stay present and feel fully. 
That you shine and fly and laugh and cry 
and hurt and heal and fall and get back up 
and play and work and live and die as YOU. 
It’s enough. It’s Plenty.

(Courtney Walsh)

Donnerstag, 28. August 2014

Lost and Found



I’ve learned things I won’t forget
But I’m not leaning on them yet
I’ll be waiting ‘till the end
For everything to turn again...
Ich erzähle dir eine Geschichte
von einem Himmel

der Himmel hat keine Bäume
der Himmel hat keine Vögel
der Himmel ist auch kein Erdbeerfeld

der Himmel ist ein Kleid
das der Erde zu weit

der Himmel hat morgens und abends
ein Dach
da wollen wir bleiben

der Himmel ist nicht so wie du denkst
der Himmel ist blau

(Elisabeth Borchers)

Sonntag, 24. August 2014

Die Bäume



Immer sind es Bäume
die mich verzaubern

Aus ihrem Wurzelwerk schöpfe ich
die Kraft für mein Lied

Ihr Laub flüstert mir
grüne Geschichten

Jeder Baum ein Gebet
das den Himmel beschwört

Grün die Farbe der Gnade
Grün die Farbe des Glücks

(Rose Ausländer)

Das Schönste


Ich flüchte
in dein Zauberzelt
Liebe

im atmenden Wald
wo Grasspitzen
sich verneigen

weil
es nichts Schöneres gibt

(Rose Ausländer)

Montag, 18. August 2014

Musik aus Basel



Der Neinengel

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

Ein Kämpferengel, der gerade geht,
der sicher auf beiden Füssen steht.
Ein trotziger Engel hell wie der Tag.
Einer, der offene Worte mag.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

Ein Nein, das heisst ja etwas wagen.
Das nicht zu tun, was alle sagen,
ist schwer, viel schwerer als zu nicken,
sich einzufügen und zu schicken.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

(Jutta Richter)


Die Liebe 
sitzt in der Sonne 
auf einer Mauer und räkelt sich 
für jeden zu sehen 
Niemand hat sie gerufen 
niemand könnte sie wegschicken 
auch wenn sie störte 

Woher kam sie als sie kam? 
Man sieht selbst die Katze kommen 
oder ein Gedicht auf dem Papier 
Und der dunkelfüssige Traum 
stellt sich nicht aus 

Die Mauer ist leer 
wo die Liebe sass 
Wohin ging sie als sie ging? 
Selbst der Tod, selbst die Träne 
lässt eine Spur 

(Hilde Domin)

Dienstag, 12. August 2014


das gespräch
über bäume
wird nie beendet
solange es worte
und bäume gibt

wer mag leben
ohne den trost
der bäume

den baum
der erkenntnis
hat keiner erkannt

(rose ausländer)


Montag, 11. August 2014


viele wege kreuzen sich in mir
und ich gehe immer
mehrere strassen zugleich.
ich bin arm.
aber es kommt mir vor:
dann wäre ich reich
wenn unter diesen wegen einer
ein ausweg wäre.

viele wege kreuzen sich in mir
und ich gehe immer
mehrere strassen zugleich.
ich bin arm.
aber es kommt mir vor:
dann wäre ich ärmer
wenn unter diesen wegen einer
ein ausweg wäre.

(Ernst Jandl)

Sonntag, 10. August 2014

Nacht-Tiere



Wenn ich die Augen schliesse 
Hör ich tief drinnen meine Wölfe heulen 
Und der Mond geht auf wie ein Omelett 

Auf der Lichtung meiner Wut hör ich sie spielen 
Die Schnauzen voll Fett 
Tobende Bündel 
Mein Geschwistergesindel 
Und wenn die Stunden schwer wie Steine um mich liegen 
Über der Erde kreiselt das Omelett 
Hör ich die Fledermäuse wie sie tief drinnen fliegen
Flirrend Flageolett 
Auf der Suche nach Beute 
Meine Nachtseelenmeute 

Eidechsen schlüpfen rein mit grinsenden Gesichtern 
Leise verschwindet das Omelett 
Ich lerne langsam auf meine Rache zu verzichten 
Leg mich ins Bett 
Und meine Tiere geigen 
Mich in den Mittsommerreigen 

(Linard Bardill)

Samstag, 9. August 2014

Am See





An manchen Tagen fehlt
nur wenig zum Glück.
Ein warmer Lufthauch fällt
von alten, runden Bergen.

Alles ist gut
und kein Gedanke
an deine Endlichkeit
oder an meine.

Aber an manchen Tagen fällt
von anderen Bergen
ein anderer Wind und fällt
Bäume und Blendwerk.

Und alles was gut war
reisst sich los vom losen
Grund meiner Innenwelt
oder deiner.

(Pedro Lenz)

Sonntag, 3. August 2014


Du bist ein Extra,
ein Irrtum, Strandgut:
Eine Gabe, ein Widerspruch.

(Margaret Atwood)

Samstag, 2. August 2014

Mittwoch, 30. Juli 2014

Nichts bleibt wie es ist 

Ich träume mich satt
an Geschichten 
und Geheimnissen

Unendlicher Kreis aus Sternen
ich frage sie
nach Ursprung Sinn und Ziel
sie schweigen mich weg

Den Orten die ich besuche
gebe ich neue Namen
nach den Wundern
die sie mir offenbaren

Nichts bleibt wie es ist
es wandelt sich
und mich

(Rose Ausländer)

Sonntag, 27. Juli 2014

Meer


Wenn man ans Meer kommt
soll man zu schweigen beginnen
bei den letzten Grashalmen
soll man den Faden verlieren

und den Salzschaum
und das scharfe Zischen des Windes einatmen
und ausatmen
und wieder einatmen

Wenn man den Sand sägen hört
und das Schlurfen der kleinen Steine
in langen Wellen
soll man aufhören zu sollen
und nichts mehr wollen wollen nur Meer 
Nur Meer

(Erich Fried)

Sonntag, 13. Juli 2014

Sonntag, 29. Juni 2014

Fortgehen
wenn das Festland
dich schnürt

aufbrechen

mit der Brandung
neu ankommen

fesselfrei

(Annemarie Schnitt)

Samstag, 21. Juni 2014

Die Tage werden langsam wieder kürzer

So wie das Schweigen länger wird, aber nicht schöner.
Als wäre etwas ausgegangen Stück um Stück.
Etwas, um das man die Nachbarn nicht bittet.

Bedeutendes fehlt und auch der Mut, laut zu sein.
Und selbst mit andren Worten wäre dies kein Lied, das
jemand singt für dich und gegen sein eigenes Schweigen.

Was könnte man sagen zum Staub auf den Lidern,
zum Verramschen des Nichts, zu den Ufern des Lichts
auf dunklen Dächern. Unter denen wir sitzen

und Schindeln befragen: nach Dichte und Sturm
und der Stille danach. Nach dem, was nur
in der Luft liegt. Die Sache mit unsrem Alleinsein

müssen wir lernen. So wie man Sonne lernt oder
den Regen, an dessen Tropfen Licht sich beugt wie
eine Hoffnung, unter den Flügeln behaupteter Hähne.

(Lydia Daher)

Mittwoch, 18. Juni 2014