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Sonntag, 9. November 2014

Montag, 3. November 2014

Vorräte für den Winter:
stille Minuten für mich
ein offenes Herz für dich
schrumplige Äpfel für die Amseln
Tannengrün für das Haus
und ein kleines Gedicht
wie eine Wolldecke
gegen kalte Füsse.

(Carola Vahldiek)

Donnerstag, 23. Oktober 2014


Wir trafen uns
unvorbereitet,
redeten uns
die günstige Jahreszeit
ein.
Du jagtest deine Hunde
voraus,
und wir tauschten
unsere Gesichter.
Wir erfanden ein Zimmer,
in dem wir
über uns herfielen,
glühend
von Sätzen,
die wir uns nicht
sagten.
Wir warfen uns
zwischen Phlox und Oleander,
riefen nach den Hunden,
erlaubten uns nicht
die Schreie, die gewöhnlich
auf unseren Lippen warten,
und schwiegen uns Leben ein.


(Peter Härtling)

Dienstag, 21. Oktober 2014

Montag, 20. Oktober 2014

Ich muss die Fragen 
um ihrer selbst willen lieben 
wie Rilke sagt 
wie verschlossene Räume 
voller Schätze 
zu welchen mein blinder 
tastender Schlüssel 
noch nicht passt. 
und die Antworten erwarten 
wie unversiegelte 
Briefe 
abgeschickt mit zweifelhafter Absicht 
und geschrieben in einer sehr fremden 
Sprache. 
und in stündlicher Erschaffung 
meiner selbst 
ohne durch Gedanken an die Zeit 
den Raum 
zu bedrängen, einzuengen 
in den hinein ich wachse. 

(Alice Walker)

Dienstag, 14. Oktober 2014

Glück

Nichts mehr,
was dich treibt,
nichts mehr,
was dich hält.
Auf den Hügel hinauf
und solange 
nach innen singen,
bis die Stimme
dich aufhebt
und mitnimmt.

(Peter Härtling)

mehr Meer




Sonntag, 12. Oktober 2014

Wenn es eine neue Erde gibt,
möchte ich mir von der alten
den einen Augenblick mitnehmen dürfen,
in dem wir erkannten,
dass wir einander wieder
immer noch lieben.

(Christine Busta)

südwärts


Donnerstag, 9. Oktober 2014

Ich rufe die Wörter 
zusammen, 
sie haben 
kein Fell, kein Gefieder, 
sie haben, wenn 
sie sich im Rudel drängen 
und auf mich warten, 
nur eine dünne Haut, 
die reißt und sie 
blossstellt, 
sobald ich ungeduldig werde 
und sie nicht streichle 
mit meiner Stimme. 

(Peter Härtling) 

Mittwoch, 8. Oktober 2014


Die Erfindung deiner Anwesenheit

sehe dich auf alten Fotos 
kann dich googeln 

finde Artikel 
nichts geht verloren 

niemand kennt deine Adresse 
du wohnst dort 

wo meine vorstellungen 
sich überschlagen 

dort wo du bist 
kann ich alles erfinden 

(Eva Christina Zeller)

Freitag, 3. Oktober 2014


Gelingendes Leben

"Aber heute fürchte ich nichts, heute zeige ich mich freimütig, schutzlos dem Tag, mache die Demutsgebärde des angegriffenen, schwächeren Wolfs, zwinge den Übermächtigen zur Grossmut und wage, mich zu freuen, weil der Morgen frisch und bitter riecht, weil der Himmel makellos ist, weil eine späte rote Rose aufgeblüht ist am schon verdorrenden Busch, weil ich den Tod nicht scheue, weil ich lebe, weil ich auf eine Art lebe, die nur ich weiss und kann, ein Leben unter Milliarden, aber das meine, das etwas sagt, was kein anderes sagen kann. Das Einmalige eines jeden Lebens. Es macht heiter, zu wissen, dass jeder Recht hat mit sich selbst. Schön ist es, älter zu werden, erlöst von sich, von der gewaltigen Anstrengung, etwas zu werden, etwas darzustellen in dieser Welt. Gelassen sich einfügen, irgendwo, wo gerade Platz ist, und überall man selbst zu sein und zugleich weiter nichts als einer von Milliarden. Dies alles, in vielen Worten gesagt, dauert zu fühlen drei, vier Atemzüge lang." 

(Luise Rinser)

Sonntag, 21. September 2014

Sonntag, 14. September 2014

Herbst

Du bahnst dir
den Weg winterwärts
durch buntes Laub
wagst dich einzunisten
im Nebelhaus
anzuhalten zwischen
den Zeiten
dich anzufreunden
mit den Geistern 
der Dunkelheit
am Rande des Tages
aufzulösen
die Töne der Tristesse

(Annemarie Schnitt)

Im Herbst schreiben
über die Vergänglichkeit
der Liebe und
des Lebens

Über die Blätter
die zu Boden fallen
und den Schnee
der sie verbergen wird

Über die Sehnsucht
im Herbst und
über das was weh tut und
nicht schweigen will

Über das schreiben
was tief in uns steckt
und was nicht
gesagt werden kann

Über die Sehnsucht schreiben
und über Liebe
auch wenn es Herbst wird

(Gerhard Rombach)

Sonntag, 7. September 2014


Einfach so
ziehen die Tage dahin
eilig wie die Wolken
die sich türmen
und wieder auflösen
es bleibt dir
ein Geschmack von Glück
auf der Zunge
in den Augen
tanzende Sonnenfunken
im Rücken
ein dich forttreibender Wind
in den Händen ein Feuerstein
als Faustpfand
eingefangener Zeit

(Annemarie Schnitt)

Die Farben der Anemonen
werden bleich

Mach dir nichts vor
es geht zu Ende

Unsichtbare Raubtiere
schleichen
um deine Lebenslust

Angst durchbohrt
deinen Sommertraum

Bald 
blühen Eisblumen

Erfinde
ein Apfellied

(Rose Ausländer)

Samstag, 6. September 2014

Freitag, 29. August 2014

Lieber Mensch...

Lieber Mensch,
du hast alles falsch verstanden.
Du bist nicht hier, um bedingungslose Liebe zu meistern.
Die ist da, wo du her kommst und wieder hin zurück gehst.
Du bist hier, um persönliche Liebe zu lernen,
universelle Liebe, schmuddelige Liebe, verschwitzte Liebe,
verrückte Liebe, zerbrochene Liebe, ganze Liebe,
erhellt von Göttlichkeit.
Gelebt durch die Eleganz des Stolperns.
Offenbart durch die Schönheit des Versagens - meistens.
Du bist nicht hier, um perfekt zu werden. Du bist es schon!
Du bist hier, um menschlich zu sein,
fehlerhaft und fabelhaft.,
um dann wieder in die Erinnerung aufzusteigen.
Aber bedingungslose Liebe? Erzähl mir nichts.
In Wahrheit braucht Liebe keine Adjektive,
keine Veränderungen, keine Bedingungen der Perfektion.
Es braucht nur, dass du da bist und dein Bestes gibst.
Es braucht nur, dass du präsent bleibst und alles fühlst,
dass du strahlst und fliegst und lachst und schreist,
dich verletzt und heilst und fällst und aufstehst und spielst
und arbeitest und lebst und stirbst als DU selbst.
Das ist genug, das ist viel!

(Courtney A. Walsh)
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Dear Human: You’ve got it all wrong. 
You didn’t come here to master unconditional love. 
That is where you came from and where you’ll return. 
You came here to learn personal love. 
Universal love. Messy love. Sweaty love. 
Crazy love. Broken love. Whole love. 
Infused with divinity. Lived through the grace of stumbling. 
Demonstrated through the beauty of… messing up. Often. 
You didn’t come here to be perfect. You already are. 
You came here to be gorgeously human. Flawed and fabulous. 
And then to rise again into remembering.
But unconditional love? Stop telling that story. 
Love, in truth, doesn’t need ANY other adjectives. 
It doesn’t require modifiers. 
It doesn’t require the condition of perfection. 
It only asks that you show up. And do your best. 
That you stay present and feel fully. 
That you shine and fly and laugh and cry 
and hurt and heal and fall and get back up 
and play and work and live and die as YOU. 
It’s enough. It’s Plenty.

(Courtney Walsh)

Donnerstag, 28. August 2014

Lost and Found



I’ve learned things I won’t forget
But I’m not leaning on them yet
I’ll be waiting ‘till the end
For everything to turn again...
Ich erzähle dir eine Geschichte
von einem Himmel

der Himmel hat keine Bäume
der Himmel hat keine Vögel
der Himmel ist auch kein Erdbeerfeld

der Himmel ist ein Kleid
das der Erde zu weit

der Himmel hat morgens und abends
ein Dach
da wollen wir bleiben

der Himmel ist nicht so wie du denkst
der Himmel ist blau

(Elisabeth Borchers)

Sonntag, 24. August 2014

Die Bäume



Immer sind es Bäume
die mich verzaubern

Aus ihrem Wurzelwerk schöpfe ich
die Kraft für mein Lied

Ihr Laub flüstert mir
grüne Geschichten

Jeder Baum ein Gebet
das den Himmel beschwört

Grün die Farbe der Gnade
Grün die Farbe des Glücks

(Rose Ausländer)

Das Schönste


Ich flüchte
in dein Zauberzelt
Liebe

im atmenden Wald
wo Grasspitzen
sich verneigen

weil
es nichts Schöneres gibt

(Rose Ausländer)

Montag, 18. August 2014

Musik aus Basel



Der Neinengel

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

Ein Kämpferengel, der gerade geht,
der sicher auf beiden Füssen steht.
Ein trotziger Engel hell wie der Tag.
Einer, der offene Worte mag.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

Ein Nein, das heisst ja etwas wagen.
Das nicht zu tun, was alle sagen,
ist schwer, viel schwerer als zu nicken,
sich einzufügen und zu schicken.

Das muss ein starker Engel sein,
der uns den Mut macht für ein Nein.

(Jutta Richter)