Das Leben beginnt nicht erst,
wenn du zur vollen Blüte gekommen bist,
wenn du sonnige Tage und Glück gesammelt hast
und schöne Dinge, die nur dir gehören,
unter einem Dach, das dich schützt.
Es beginnt nicht erst,
wenn du gesund bist,
wenn du im reinen mit dir bist,
und deine Träume Wirklichkeit geworden sind,
wenn eine Antwort warm auf jeder Frage liegt
und eine freundliche Berührung auf deiner Wange.
Es beginnt nicht erst,
wenn du diese eine Wunde noch verschlossen,
deine Traurigkeit geheilt, den Zorn befriedet
und das Meer der Angst gegen bleibende Herzensruhe
eingetauscht hast, und auch nicht, wenn jemand kommt,
auf den du immer gewartet hast,
und der dir die gute Nachricht überbringt,
dass jedem Tag ein tiefer Sinn zugrunde liegt.
Das Leben ist längst da.
Es hat dich nie gefragt, ob du soweit bist.
und hat, anders als du, nie an dir gezweifelt.
Aus jeder Vorläufigkeit hat es dich gegrüsst,
aus jeder Frage, und auch aus der dunklen Mitte
der Traurigkeiten, und aus den Tagen,
die sich anfühlen wie verloren.
Das Leben hat dich aus jedem Kampf
und jeder Unfertigkeit angelächelt,
aus dem Zweifel und dem Nichmehrweiterwissen,
und auch aus den gewöhnlichen Dingen,
die du viele male übersehen hast.
Es hat dir Zeichen wie Blüten auf deine Wege gestreut,
damit du nicht vergisst, wie kostbar
jede Empfindung und jede Begegnung ist,
jedes Wagnis und jeder Aufbruch,
jeder Augenblick in dieser Welt,
die eine werdende ist, wie du.
Vertage nichts.
Warte nicht auf einen fernen Tag,
nicht auf die Erlaubnis, lebendig zu sein.
Du selbst bist wanderndes, verletzbares,
widersprüchliches Leben.
Und jeder Atemzug in Dir erzählt davon.
(Giannina Wedde)