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Dienstag, 31. Dezember 2013
Psst
Träume deine Träume in Ruh.
Wenn du niemandem mehr traust,
Schliesse die Türen zu,
Auch deine Fenster,
Damit du nichts mehr schaust.
Sei still in deiner Stille,
Wie wenn dich niemand sieht,
Auch was dann geschieht,
Ist nicht dein Wille.
Und im dunkelsten Schatten,
Lies das Buch ohne Wort.
Was wir haben, was wir hatten,
Was wir - -
Eines Morgens ist alles fort.
(Joachim Ringelnatz)
Montag, 30. Dezember 2013
Sonntag, 29. Dezember 2013
Diesseits
Asphaltierter Himmel schüttet
eine Handvoll Flocken hin,
Eiswind klebt wie festgekittet
im Gesicht. Die Ohren glühn
und ich schreite und ich lege
was ich bin und meine Schritte
in die graupelharschen Wege,
wenn Gedanken südwärts ziehn.
An der Leine zieht die Hündin
ihren altgewohnten Kreis;
taumelnd tanzen weiße Wunder,
wintersternig. Leise, leis.
(Sabine Römmer)
Samstag, 28. Dezember 2013
Postscriptum
Was ich dir noch sagen wollte
Wenn ich dir einen Tipp geben darf
Ich meine
Ich bitte dich
um alles in der Welt
und wider besseres Wissen:
Halte dich nicht schadlos
Zieh den Kürzeren
Lass dir etwas entgehen
(Eva Zeller)
Freitag, 27. Dezember 2013
Nach Sturmfahrten und Flautentreiben
auf der hohen See des Lebens
sehne ich mich danach
bei dir Anker zu werfen
die Segel zu streichen
die Ruder einzuziehen
das Steuerrad aus der Hand zu geben
in deinen Hafen einzulaufen
bei dir anzulegen
festen Boden unter den Füssen zu spüren
beim Anblick deiner offenen Arme
(Margot Bickel)
Lebenswege
Es gibt Wege
die sind zu gehen
weil der Fluss
seinem Lauf folgen muss
um sich selbst zu sein
weil der Mensch
eine Sehnsucht mitbekommen hat
die ihn lebendig hält
Daran werden sich unsere
Lebenswege messen lassen:
Ob an ihren Ufern
das Leben gedeiht.
die sind zu gehen
weil der Fluss
seinem Lauf folgen muss
um sich selbst zu sein
weil der Mensch
eine Sehnsucht mitbekommen hat
die ihn lebendig hält
Daran werden sich unsere
Lebenswege messen lassen:
Ob an ihren Ufern
das Leben gedeiht.
(Thomas Schied)
I fall in Love regularly,
with each person who
passes me in the streets,
or who sits beside me on the bus.
Not in the romantic way;
I sit, quietly observing
all of their body language and
all of their expressions.
Their smiles, and gestures;
I watch vigilantly, tracking the
manners and movements,
appreciating all that these
people are.
I study the details of
these people,that they may
otherwise go unnoticed.
Researching each of them,
noting our similarities, and
rejoicing in the beauty of
human nature.
(Simon Frederick Portraitist)
Dienstag, 24. Dezember 2013
Montag, 23. Dezember 2013
Die Pinguin-Geschichte oder: Wie man sich in seinem Element fühlt
Diese Geschichte ist mir tatsächlich passiert. (...)
Ich ging in einen norwegischen Zoo. Und dort sah ich einen Pinguin auf seinem Felsen stehen. Ich hatte Mitleid: „Musst du auch Smoking tragen? Wo ist eigentlich deine Taille? Und vor allem: hat Gott bei dir die Knie vergessen?” Mein Urteil stand fest: Fehlkonstruktion.
Dann sah ich noch einmal durch eine Glasscheibe in das Schwimmbecken der Pinguine. Und da sprang „mein“ Pinguin ins Wasser, schwamm dicht vor mein Gesicht. Wer je Pinguine unter Wasser gesehen hat, dem fällt nix mehr ein. Er war in seinem Element! Ein Pinguin ist zehnmal windschnittiger als ein Porsche! Mit einem Liter Sprit käme der umgerechnet über 2500 km weit! Sie sind hervorragende Schwimmer, Jäger, Wasser-Tänzer! Und ich dachte: „Fehlkonstruktion!“
Diese Begegnung hat mich zwei Dinge gelehrt. Erstens: wie schnell ich oft urteile, und wie ich damit komplett daneben liegen kann. Und zweitens: wie wichtig das Umfeld ist, ob das, was man gut kann, überhaupt zum Tragen kommt.
Wir alle haben unsere Stärken, haben unsere Schwächen. Viele strengen sich ewig an, Macken auszubügeln. Verbessert man seine Schwächen, wird man maximal mittelmäßig. Stärkt man seine Stärken, wird man einzigartig. Und wer nicht so ist, wie die anderen sei getrost: Andere gibt es schon genug!
Menschen ändern sich nur selten komplett und grundsätzlich. Wenn du als Pinguin geboren wurdest, machen auch sieben Jahre Psychotherapie aus dir keine Giraffe. Also nicht lange hadern: Bleib als Pinguin nicht in der Steppe. Mach kleine Schritte und finde dein Wasser. Und dann: Spring! Und Schwimm!
Und du wirst wissen, wie es ist, in Deinem Element zu sein.
(Eckart von Hirschhausen) (Foto: Raphael Fünfschilling)
Sonntag, 22. Dezember 2013
Zeichen setzen
Die Türen des Jahres öffnen sich,
wie einst die Sprache, dem Unbekannten entgegen.
Gestern abend sagtest du zu mir:
Morgen gilt es, ein paar Zeichen zu setzen,
eine Landschaft zu skizzieren, einen Plan zu entwerfen
auf der Doppelseite
des Papieres und des Tages.
Morgen gilt es,
aufs Neue
die Wirklichkeit dieser Welt zu erfinden
(Octavio Paz)
Samstag, 21. Dezember 2013
Wie die Weisen
Prüfen und Abwägen
Beobachten und Berechnen
Wie die Weisen
Neugierig sein
und auf der Spur bleiben
Wie die Weisen
Forschen und Ausschau halten
Lehren und Lernen
Wie die Weisen
Träume erfahren
Auf Antwort warten
Wie die Weisen
Umkehren
und den Weg ändern
Wie die Weisen
Die Ratlosigkeit ertragen
Unterwegs sein und ankommen
Wie die Weisen
Nach den Sternen greifen
und den Menschen finden
(Kurt Wolf)
Freitag, 20. Dezember 2013
Donnerstag, 19. Dezember 2013
narben
wenn der tag
vernarbt ist
brechen auf
die wunden der nacht
sternfälle
säumen den traum
er fängt auf was ihm
in den schoss fällt
mir fällt
der traum in den schoss
eh mich der schlaf überrascht
und die nacht
vernarbt
(rose ausländer)
Mittwoch, 18. Dezember 2013
Dienstag, 17. Dezember 2013
Notwendige Fragen
Das Gewicht
der Angst
Die Länge und Breite
der Liebe
Die Farbe
der Sehnsucht
im Schatten
und in der Sonne
Wieviel Steine
geschluckt werden müssen
als Strafe
für Glück
und wie tief
man graben muss
bis der Acker
Milch gibt und Honig
(Erich Fried)
Kopf und Herz
"Lohnt sich das?" fragt der Kopf.
"Nein," sagt das Herz, "aber es tut gut."
(Jochen Mariss)
Montag, 16. Dezember 2013
Liebe geht nur, wenn du
so gut lebst wie allein
wenn sprechen und zuhörn die schöne Feier sind
wenn du zehn Seiten hintereinander lesen darfst
ohne dass jemand etwas von dir will
Liebe geht nur ohne das schlechte Gewissen
über Freude, die der andre nicht teilen kann
einen Kummer, der sich nicht in Worte kleidet
Liebe geht nur, wenn du
dich mit einer sanften Bewegung
abwenden darfst und da stösst keiner nach
Liebe geht nur ohne Herablassung
das irreführende Wort heisst Toleranz
wenn du willst, magst du dich verändern
ich verändere mich
ich nicht dich und du nicht mich
nur so geht Liebe
(Gisela Steineckert)
Sonntag, 15. Dezember 2013
Was ich dir zum Advent schenken möchte
Einen Orgelton wider den finsteren Morgen,
Einen Orgelton wider den finsteren Morgen,
meinen Atem gegen den Eiswind des Tags,
Schneeflocken als Sternverheissung am Abend
und ein Weglicht für den verloren geglaubten Engel,
der uns inmitten der Nacht die Wiedergeburt
der Liebe verkündet.
(Christine Busta)
Samstag, 14. Dezember 2013
An Dezembertagen kann es sein
Dass es abends freundlich klopft
Dass Besuch kommt unverhofft
Dass dir jemand Himmelstorte backt
Und die dicksten Nüsse knackt
Dass er dir ein Lied mitbringt
Und von seinen Träumen singt
An Dezembertagen kann es sein
Dass Menschen plötzlich Flügel tragen
Und nach Herzenswünschen fragen
Riesen werden sanft und klein
Laden alle Zwerge ein
Dezember müsst es immer sein
(Anne Steinwart)
Die Sterne waren lang schon vergriffen
Zum Beispiel wer außer dir,
wer käme darauf,
den Mond
in dieses Zimmer zu falten
und seine Füße
daneben zu stellen
und dieses Bild
zu einsam zu finden
und deshalb
lieber ein Foto zu machen
von etwas
ganz anderem.
(Lydia Daher)
Freitag, 13. Dezember 2013
Back Into This Body
When I was a kid they called us tomboys
girls who braided their curls
got sweaty and dirty
climbed trees
lived in the branches beyond
the constructed structure daddy built.
Treading my way through years
of fancy dresses marriages
pregnancies school nurturing others
I find my way back to the wild parts
of my woman's landscape
Discover hiking boots can stand
beside city pumps
Learn again to trust my body walk into fear
spend nights alone with women beside men
on forested lakes alive with sounds.
Trudging this narrow path
forty pounds of pack upon my back
Swimming, close to the place where rooted trees
reach for clear lake water
I listen to the stillness
Catch my breath on the wings of a hawk
Find myself climbing to the sky
toward home.
(Joyce Lombard)
Mittwoch, 11. Dezember 2013
Mein Liebstes,
tu die Schatten fort,
die in den Zimmern liegen.
Das sind die Häute,
die wir trugen
in den verlornen Siegen.
Ich hör dem Spott der Drossel zu.
Er gilt belognen Lügnern,
verlorenen Verlierern
und betrogenen Betrügern.
Da sind wohl
du und ich gemeint
und alle unsre Tage,
die nicht gegebne Antwort
und die nie gestellte Frage.
Mein Liebstes,
tu die Schatten fort,
die in den Zimmern liegen.
Das sind die Häute,
die wir trugen
in den verlornen Siegen.
(André Heller)
(gefunden bei: http://lyrik-laterne.blogspot.com)
Dienstag, 10. Dezember 2013
Montag, 9. Dezember 2013
Verzauberung
Denkst du noch
manchmal
an jene Märchentage
mit Rosen
und Düften
wir wohnten darin
mit unserer
Sehnsucht
mit unsrem Lachen
verzaubert
ruhten wir in uns
und sprachen
traumgrüne Worte
die noch immer
duften
(Gisela Hildebrand)
Sonntag, 8. Dezember 2013
Der Moment
Ich habe nichts als
die Nacht aus
100 x 100 Nebellichtjahren.
Ich habe nichts als
die Stunde aus
60 x 60 Sekunden.
Ich habe nichts als den Moment.
Der Moment ist meine Schöpfung
die Brücke von meinem
Staubgeist zum Sterngeist.
Der Moment ist mein Flügel
zum Flügel des nächsten Moments.
Ich habe nichts als den Flügel.
Ich habe nichts als die Schöpfung.
Ich habe nichts als den Moment.
(Rose Ausländer)
Samstag, 7. Dezember 2013
The Letters
Your story was so long,
The plot was so intense,
It took you years to cross
The lines of self-defense.
The wounded forms appear:
The loss, the full extent;
And simple kindness here,
The solitude of strength.
Freitag, 6. Dezember 2013
Donnerstag, 5. Dezember 2013
This is a poem for someone
who is juggling her life.
Be still sometimes.
Be still sometimes.
It needs repeating
over and over
to catch her attention
over and over
because someone juggling her life
finds it difficult to hear.
Be still sometimes.
Be still sometimes.
Let it all fall sometimes.
(Rose Cook)
Diese Traurigkeit versorgt sich heimlich
aus den großen Vorräten der Aussenwelt.
Schau dir die Häuser an: fast alle haben Risse.
Platanen, deren Laub dazu da ist, Verlust
auszudrücken, Augen wie verglaste Pförtner-
stuben, dahinter Nebel und das Ende.
Ein paar Ecken weiter, in den Dach-
kammern unsrer Erinnerung, hält sich
das Gesumms der Fliegen versteckt.
Ein nackter Geliebter, ein verkommener
Streit und immerwährendes Staunen über
das Eigene, das aus den Händen glitt:
Akkorde und Schnee für kommende Winter.
Zeichen im Staub verlassener Dielen.
Ein Schwur. Ein Stattdessen. Die Tage darauf.
(Lydia Daher)
Mittwoch, 4. Dezember 2013
Dein Ort ist
wo Augen dich ansehn
Wo sich die Augen treffen
entstehst du
Von einem Ruf gehalten
immer die gleiche Stimme
es scheint nur eine zu geben
mit der alle rufen
Du fielest
aber du fällst nicht
Augen fangen dich auf
Es gibt dich
weil Augen dich wollen
dich ansehn und sagen
dass es dich gibt
(Hilde Domin)
Dienstag, 3. Dezember 2013
Montag, 2. Dezember 2013
Und zu verschiedenen Zeiten geschieht es
Dass wir sehr glücklich über
Irgend ein Ding eine Nachricht
Den neuen Geliebten das Kind
Umhergehen können da freut uns
Die eintönigste Arbeit da kochen wir
Wunderbare Gerichte putzen die Fenster
Und singen dabei küssen
Die eben aufgesprungene Blüte
Am Strauch vor der Tür reden
Zu Unbekannten über die Straße
Und beachten die Sonne nicht
Den leichten tanzenden Schnee
Es ist alles bekannt und vertraut
So wird es immer sein glauben wir
Und noch die furchtbaren Bilder
In den Fernsehgeräten bestärken uns
Wenigstens hier wird es so bleiben wir stapeln
Die Zeitungen die uns ruhig schlafen lassen
Sorgfältig auf bis sie abgeholt werden
Wir sind ganz lebendig hüpfen und springen
In den möblierten Wohnungen des Todes.
(Sarah Kirsch)
Sonntag, 1. Dezember 2013
Etwas gegen den Wind setzen
etwas Helles gegen die Nacht
etwas Festes gegen den Schwindel
etwas Klingendes gegen die Leere
einen Traum gegen den Tag
eine Insel gegen den Lärm
eine Rose gegen den Winter
ein Tun gegen das Chaos
ein Gedicht gegen die Sprachlosigkeit
Gebete gegen den Stumpfsinn
etwas gegen den Wind setzen
(Annemarie Schnitt)
Erwachen im Erwachen
seit ich erwachsen bin
ist auch anderen
bang vor mir
vor meinen träumen
und mehr noch
vor meinem erwachen
welche lieder
hab ich gesungen
mich einzuschläfern?
was tun meine hände?
wer weckt mich?
zu welchem geschäft?
(erich fried)
Samstag, 30. November 2013
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