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Freitag, 31. August 2018

Segen für das Kind

Wenn ich wüsste, was das Leben mit Dir vorhat, wenn ich wüsste, an welchen Wegkreuzungen Du innehalten und grossen Mut brauchen wirst, und einen Menschen der mehr an Dich glaubt als Du es gerade vermagst, wenn ich wüsste, wie oft Du fallen wirst, wie oft zweifeln an der Gutheit der Dinge, dann eilte ich wohl voraus, um Dich zu erwarten, Dich zu beschützen, um Dich aufzurichten und zu bestärken, ja, sogar um an Deiner Stelle die Dinge zu tragen, die Dich bedrücken.

Aber das Leben teilt mit Dir sein eigenes Geheimnis, an das ich nicht rühren darf.

Dein Glück wird getragen sein von all den ernsten und leichtherzigen, den geringen und bedeutenden Entscheidungen, die in Dir reifen. Von den vielen Aufbrüchen, zu denen Du Dich selbst ermuntern wirst, auch angesichts größter Anstrengung. Es wird getragen sein von Deiner Bereitschaft zu hören, auf Deine innere Stimme, auf Dein sehnsuchtsvolles Herz, und auf den drängenden Ruf Deiner schöpferischen Kräfte.

So wie Du auf Deinem Weg lernen wirst, die Dinge mit wachsendem Vertrauen in Deine Hände zu nehmen, so werde ich lernen müssen, sie aus der Hand zu geben. Denn in Dir richtet sich das Leben auf wie in einem stolzen Feuervogel, der mit ausgebreiteten Schwingen die Himmel bereist, und dessen Kraft von der Flamme des Lebenshungers ebenso zehrt wie von der Asche erloschener Träume.

Ein starkes Herz schlage in Dir, eines das sich nicht schrecken lässt von den Kämpfen des Alltags, von den schmerzlichen Erfahrungen, die uns manchmal schon in jungen Jahren verwunden. Ein empfindsames Herz schlage in Dir, eines das berührbar bleibt für alle Wesen, die leiden und hoffen auf ihre Weise, und die Deine Sehnsucht nach Leben teilen. Ein frohes Herz schlage in Dir, eines das staunt über die Gegenwart des Grössten im Kleinen, eines das sich erobern lässt von der Schönheit dieser Welt.


(Giannina Wedde,aus: "In Deiner Weite lass mich Atem holen")

Sonntag, 12. August 2018

Gib dem Schmerz nicht falsche Namen,
frag die Trauer, was sie will.
Wohin möchte dich das führen,
was dir heut das Herz zerreisst.
Dunkel darfst du nennen,
was ohne Botschaft für dich ist.
Sieh, der Schmerz ist nur ein Licht,
das auf dein Morgen fällt,
zu wärmen eine Wunde,
die dein Herz gerettet hat.

(Sami Kuci)