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Donnerstag, 23. Oktober 2014


Wir trafen uns
unvorbereitet,
redeten uns
die günstige Jahreszeit
ein.
Du jagtest deine Hunde
voraus,
und wir tauschten
unsere Gesichter.
Wir erfanden ein Zimmer,
in dem wir
über uns herfielen,
glühend
von Sätzen,
die wir uns nicht
sagten.
Wir warfen uns
zwischen Phlox und Oleander,
riefen nach den Hunden,
erlaubten uns nicht
die Schreie, die gewöhnlich
auf unseren Lippen warten,
und schwiegen uns Leben ein.


(Peter Härtling)

Dienstag, 21. Oktober 2014

Montag, 20. Oktober 2014

Ich muss die Fragen 
um ihrer selbst willen lieben 
wie Rilke sagt 
wie verschlossene Räume 
voller Schätze 
zu welchen mein blinder 
tastender Schlüssel 
noch nicht passt. 
und die Antworten erwarten 
wie unversiegelte 
Briefe 
abgeschickt mit zweifelhafter Absicht 
und geschrieben in einer sehr fremden 
Sprache. 
und in stündlicher Erschaffung 
meiner selbst 
ohne durch Gedanken an die Zeit 
den Raum 
zu bedrängen, einzuengen 
in den hinein ich wachse. 

(Alice Walker)

Dienstag, 14. Oktober 2014

Glück

Nichts mehr,
was dich treibt,
nichts mehr,
was dich hält.
Auf den Hügel hinauf
und solange 
nach innen singen,
bis die Stimme
dich aufhebt
und mitnimmt.

(Peter Härtling)

mehr Meer




Sonntag, 12. Oktober 2014

Wenn es eine neue Erde gibt,
möchte ich mir von der alten
den einen Augenblick mitnehmen dürfen,
in dem wir erkannten,
dass wir einander wieder
immer noch lieben.

(Christine Busta)

südwärts


Donnerstag, 9. Oktober 2014

Ich rufe die Wörter 
zusammen, 
sie haben 
kein Fell, kein Gefieder, 
sie haben, wenn 
sie sich im Rudel drängen 
und auf mich warten, 
nur eine dünne Haut, 
die reißt und sie 
blossstellt, 
sobald ich ungeduldig werde 
und sie nicht streichle 
mit meiner Stimme. 

(Peter Härtling) 

Mittwoch, 8. Oktober 2014


Die Erfindung deiner Anwesenheit

sehe dich auf alten Fotos 
kann dich googeln 

finde Artikel 
nichts geht verloren 

niemand kennt deine Adresse 
du wohnst dort 

wo meine vorstellungen 
sich überschlagen 

dort wo du bist 
kann ich alles erfinden 

(Eva Christina Zeller)

Freitag, 3. Oktober 2014


Gelingendes Leben

"Aber heute fürchte ich nichts, heute zeige ich mich freimütig, schutzlos dem Tag, mache die Demutsgebärde des angegriffenen, schwächeren Wolfs, zwinge den Übermächtigen zur Grossmut und wage, mich zu freuen, weil der Morgen frisch und bitter riecht, weil der Himmel makellos ist, weil eine späte rote Rose aufgeblüht ist am schon verdorrenden Busch, weil ich den Tod nicht scheue, weil ich lebe, weil ich auf eine Art lebe, die nur ich weiss und kann, ein Leben unter Milliarden, aber das meine, das etwas sagt, was kein anderes sagen kann. Das Einmalige eines jeden Lebens. Es macht heiter, zu wissen, dass jeder Recht hat mit sich selbst. Schön ist es, älter zu werden, erlöst von sich, von der gewaltigen Anstrengung, etwas zu werden, etwas darzustellen in dieser Welt. Gelassen sich einfügen, irgendwo, wo gerade Platz ist, und überall man selbst zu sein und zugleich weiter nichts als einer von Milliarden. Dies alles, in vielen Worten gesagt, dauert zu fühlen drei, vier Atemzüge lang." 

(Luise Rinser)