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Mittwoch, 25. März 2015

Die Welt hebst du
nicht aus den Angeln.
Auch nicht mein Herz.
Doch die Schattenwand,
die mich umgibt,
öffnest du jeden Morgen
um einen Spalt,
und das Licht,
das hereinfällt,
bist du. 

(Dagmar Nick)

Jeder Mensch ist nicht nur er selber,
er ist auch der einmalige, ganz besondere,
in jedem Fall wichtige und merkwürdige Punkt,
wo die Erscheinungen der Welt sich kreuzen,
nur einmal so und nie wieder.

Darum ist jedes Menschen Geschichte wichtig,
ewig, göttlich, darum ist jeder Mensch,
solange er irgend lebt und den Willen der Natur erfüllt,
wunderbar und jeder Aufmerksamkeit würdig.

(Hermann Hesse)

Donnerstag, 19. März 2015

Herzklopfen

Es sind die einfachen Dinge,
die uns nicht schlafen lassen:
ein Herzklopfen,
eine Handergreifung,
ein verwundertes Umsichschauen.
Nicht die krausen Gedankenspiele,
nicht die wunderlichen Grübeleien,
nicht der tolle Maskenscherz
der Wahrheit.
Es ist die grosse Fußstapfe,
die uns plötzlich den Weg weist,
halb gebietend, halb segnend,
und klopfenden Herzens
stolpern wir durch den Schlaf.

(Michael Krüger)

Montag, 16. März 2015


Sag weiter
was dich antreibt
von Tag zu Tag
erzähl von den Flügeln
die dir wuchsen bei Nacht

(A.Schnitt)



Most of the warriors I knew
Have settled down to gardening, and the morning Times,
 Tired of stalking ghosts
 and the melody of secret rhythms
  above the sound of traffic
  and other monotonous voices,
 Finally content to stare and wonder.

Most of the warriors I knew
Have unsaddled stallions and built a fence in the backyard,
 Weary of studying the clouds
 And the shadows creeping across mountains
  beyond the flash of neon
  and other pretentious symbols,
 Finally content to stare and wonder.

Most of the warriors I knew
Have died before their time and are forgotten
 Save in the memory of their sons
 And the dreams they seldom share
  beyond the taint of time
  and other unimportant measures

 Finally content to stare and wonder.

(James Kavanaugh)

Samstag, 14. März 2015

Mittwoch, 11. März 2015

Manchmal halte ich an
mitten am Tag
Worte zu finden
im Fluss der Gedanken
fange sie ein
fülle mein Netz
eh sie forttreiben
in der Flut des Vergessens
mich zurücklassen
wortlos am Weg 

 (Annemarie Schnitt)

Samstag, 7. März 2015





Hast du nicht einen Frühling für mich
heut Nachmittag könnt ich den brauchen
oder ich fang wieder an zu rauchen
lieber wär ich mir ne Wiese mit Spitzwegerich
und am allerliebsten hätt ich dich
nicht auf der Wiese in nem Kahn
weiss, frisch bezogen riesig
den Himmel diesig oder ist doch egal
was geht mich das Wetter an
komm mit deinen warmen Bauch
ganz nahe an mich ran

(Gisela Steineckert)

Donnerstag, 5. März 2015

Weibsbilder










sichtweise

es gab eine zeit 
da wünschte ich mir 
eine insel 
mit leuchtturm 
und seehunden 
und meer 
und horizont 

und heute 
wünsche ich mir ein boot

(Otto Lenk)

Die Wohnungen
die einst bewohnten
bewahren Geheimnisse auf
hinter Tapeten
in Ecken und Nischen
und Schränken
etwas bleibt zurück
von dir in der Luft der Räume:
eine kleine Trauer
ein Windhauch Glück

(Annemarie Schnitt)

Mittwoch, 4. März 2015

Zwischen Tür und Angel

immer stehst du ein Stück
zwischen Tür und Angel
du schaust zurück du schaust voraus
du stehst dazwischen
zwischen Licht und Dunkel
zwischen Ja und Nein
zwischen Heute und Morgen
halb im Verweilen halb im Aufbruch
du stehst dazwischen
hältst dich fest
an der schwankenden Tür
stehst im Windzug der Zeit
stehst zum Weitergehen bereit
ertastest mit zögerndem Fuss
sichere Schwellen

(A.Schnitt)


Der Frühling kitzelt alle unsre Sinne
Die Tage werden bunter, voller, länger
Alles ist erfüllt mit Leben
Gefühle segeln schwalbengleich
dem Horizont entgegen
Es weitet sich die Endlichkeit
Selbst Melancholie atmet erleichtert auf
und träumt pastelle Farben
Die Zeit der Krähen endet nun
Kein Klagen kränkt das Werden
In meinen Ohren grosses Klangorchester
Natur spielt ihre eigene Musik
Jetzt ist Leben, Hoffung, Sein
Es ist wie immer
Und doch
ist es immer wieder neu

(Otto Lenk)

Dienstag, 3. März 2015


Wir wohnen
Wort an Wort

Sag mir
Dein liebstes
Freund

Meines heisst
Du

(Rose Ausländer)

Montag, 2. März 2015


So brüchig das Leben
so viel Licht so viel Dunkel
so viel Mut so viel Verzagen
Alles und Nichts
und du suchst die Balance
im Bodenlosen
suchst etwas Festes
unter den Füssen
und Halt für die Hand

(Annemarie Schnitt)

Sonntag, 1. März 2015


Letzte Warnung

Wenn wir nicht aufhören 
uns mit unseren kleinen 
täglichen Sorgen 
und Hoffnungen 
unseren Ängsten 
und unserer Sehnsucht 
zu beschäftigen 
dann geht die Welt unter 

Und wenn wir aufhören 
uns mit unseren kleinen 
täglichen Sorgen 
und Hoffnungen 
unserer Liebe 
unserem Kummer 
und unserer Sehnsucht 
zu beschäftigen 
dann ist die Welt untergegangen 

(Erich Fried) 

Die Zeit hat
Die Konsistenz
Von Seife.
Blasen
Wie wir sie
Als Kinder
Machten.
Schillernd
Schweben sie in der Luft
Und zerstäuben
Eine nach der anderen
Genau wie die Minuten
Die sich niemals
Wiederholen
Die sich niemals
Wiederholen
Die sich niemals
Wiederholen.

(Gioconda Belli)