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Freitag, 31. Januar 2014

Weil....

Weil die Zeit keine Wunden heilt,
und kein Moment auf ewig weilt,
weil Sicherheit nur eine Illusion ist,
und Verdrängtes dich innerlich zerfrisst.
Weil Beständigkeit nicht existiert,
und man alles, was man nicht liebt, verliert.
Weil man auch zu zweit oft friert,
wenn Liebe mit Angst verwechselt wird.
Angst zu verlieren, sich zu blamieren, zu viel zu riskieren …
… oder zu erfrieren.
Weil du Liebe nicht im Anderen findest,
egal, wie fest du ihn an dich bindest.
Und bist du dir selbst nicht viel wert,
gibt es auch keinen anderen, der dich achtet und ehrt.
Weil du glaubst, du hast zu viel falsch gemacht,
tobt tief in dir drin eine Schlacht
aus »Ich muss … Ich darf nicht ...« und »Ich sollte ...«,
»Ich hätte … Ich müsste … Ich wollte ...«
Weil diese Gedanken schmerzen,
tief in jedem einzelnen Herzen.
Doch ein Gedanke, der weh tut, ist niemals wahr.
Und Angst bedeutet nicht immer Gefahr.
Weil Schmerz kein Gefühl, sondern Widerstand ist
gegen alles, was zu fühlen du nicht willens bist.
Weil den Schmerz du mit jedem Male steigerst,
wenn die Tatsachen zu akzeptieren du dich weigerst.
Weil wir nur selbst uns stets verletzen,
uns gering schätzen, unter Druck setzen oder hetzen.
Weil wir uns ängstigen, grämen oder sorgen,
und das Heute vergessen aus Angst vor dem Morgen.
Weil es Selbstlosigkeit nicht gibt,
und ein Aufopfernder sich selbst nicht liebt.
Weil jemand, der sich selbst vergisst,
niemals eine Stütze für andere ist.
Weil es sich nicht um Liebe handelt,
wenn Bedingungen damit sind verbandelt.
Weil Liebe frei lassen bedeutet und Vertrauen,
und den Mut, einander ehrlich anzuschauen.
Weil Kompromisse unfrei und gefangen machen,
und weinen nicht schlechter ist als lachen.
Weil nur dein Herz dich glücklich zu machen vermag
und die Nacht ihren Sinn hat – genau wie der Tag.
Weil dein Wert nicht von Leistung abhängt,
und nicht, was du besitzt oder dich innerlich drängt.
Weil das, was du tief in deinem Inneren bist,
das wahrhaftigste und beste Geschenk ist.
Weil Stärke bedeutet, sich verletzlich zu zeigen,
und Klarheit, mit sich selbst zu schweigen.
Weil nur der, der auch zu Wut und Tränen steht,
wirklich aufrecht durchs Leben geht.
Weil der Sinn des Lebens der ist, den du ihm gibst,
und kein Weg falsch ist, den du liebst.
Und weil am Ende eines jeden Lebens
die Gewissheit steht: Nichts war vergebens!


(Stefanie Braun)

Donnerstag, 30. Januar 2014


Am Leben bleiben

Man besteht darauf,
am Leben zu bleiben,
zählt an zehn Fingern,
was man für Glück hält,
sieht in verschiedene Gesichter,
lässt sich grüssen und grüsst zurück,
empfindet physische Reife.
Licht fällt in gerader Linie,
wenn Mittag ist und
die Emotionen gedämpft sind.
Ich laufe nicht mehr Wörtern nach,
wenn ich dicht neben dir schlafe
und nicht merke, wie schnell
man scheitert und schweigt.

(Karl Krolow)


Fundstück, hier entdeckt:  http://lyrik-laterne.blogspot.com
Ich, sagte er uns
Bin der Zweifler, ich zweifle, ob
Die Arbeit gelungen ist, die eure Tage verschlungen hat.
Ob, was ihr gesagt, auch schlechter gesagt, noch für einige Wert hätte.
Ob ihr es aber gut gesagt und euch nicht etwa
Auf die Wahrheit verlassen habt dessen, was ihr gesagt habt.
Ob es nicht vieldeutig ist, für jeden möglichen Irrtum
Tragt ihr die Schuld. Es kann auch eindeutig sein
Und den Widerspruch aus den Dingen entfernen; ist es zu eindeutig?
Dann ist es unbrauchbar, was ihr sagt. Euer Ding ist dann leblos.
Seid ihr wirklich im Fluss des Geschehens? Einverstanden mit
Allem, was wird? Werdet ihr noch? Wer seid ihr? Zu wem
Sprecht ihr? Wem nützt es, was ihr da sagt? Und nebenbei:
Lässt es auch nüchtern? Ist es am Morgen zu lesen?
Ist es auch angeknüpft an vorhandenes? Sind die Sätze, die
Vor euch gesagt sind, benutzt, wenigstens widerlegt? Ist alles belegbar?
Durch Erfahrung? Durch welche? Aber vor allem
Immer wieder vor allem anderen: Wie handelt man
Wenn man euch glaubt, was ihr sagt? Vor allem: Wie handelt man?

(B. Brecht)

Hoch oben nah dem Sturm


Danksagung

Vieles verdanke ich denen,
die ich nicht liebe.
Die Erleichterung, mit der ich hinnehme,
dass sie einem anderen näher sind.
Die Freude, nicht ich bin
der Wolf ihrer Lämmer.
Ich habe Frieden mit ihnen
und Freiheit mit ihnen,
das aber kann mir Liebe
weder geben noch nehmen.
So warte ich nicht auf sie
zwischen Fenster und Tür.
Geduldig
fast wie die Sonnenuhr,
weiss ich, was die Liebe
nicht weiss,
verzeihe, was die Liebe
niemals verziehe.
Vom Stelldichein bis zum Brief
verfliesst keine Ewigkeit,
nur eben Tage und Wochen.

(Wistawa Szymborska)

Mittwoch, 29. Januar 2014

Keep a green tree 
in your heart
and perhaps 
a singing bird 
will come...

(Chinese Proverb)

Dienstag, 28. Januar 2014

Ideen macht euch auf
Zur Utopie über Seen
Fensterflügel, fliegt.

(Katharina Zaugg)

Montag, 27. Januar 2014

So kann man leben:
jeden Tag
ein paar Sätze aufschreiben.
Andere sind Arzt
oder fahren Omnibus.
Buchstaben geraten aneinander,
kämpfen
etwas aus.
Manches stimmt für eine Weile,
obwohl es
nicht wahr ist.
Die Nützlichkeit des Unnützen:
eine Rangfrage.
Was geschieht
anderswo
in der Sekunde, in der
ein Komma erwogen wird.

(Rainer Malkowski)

Sonntag, 26. Januar 2014


Das Schreiben eines Lebenslaufes

Was ist zu tun?
Ein Antrag ist einzureichen,
dazu ein Lebenslauf.
Ungeachtet der Länge des Lebens
hat der Lebenslauf kurz zu sein.

Geboten sind Bündigkeit und eine Auswahl von Fakten.
Die Landschaften sind durch Anschriften zu ersetzen,
labile Erinnerungen durch konstante Daten.

Von allen Lieben genügt die eheliche,
nur die geborenen Kinder zählen.

Wichtig ist, wer dich kennt, nicht, wen du kennst.
Reisen, nur die ins Ausland.
Zugehörig wozu, aber ohne weshalb.
Preise, ohne wofür.

Schreibe, als hättest du niemals mit dir gesprochen
und dich von weitem gemieden.

Umgehe mit Schweigen Hunde, Katzen und Vögel,
den Erinnerungskleinkram, Freunde und Träume.

Es gilt der Preis, nicht der Wert,
der Titel, nicht dessen Inhalt,
die Schuhgröße, nicht wo
der Mensch, für den man dich hält, hingeht.

Dazu eine Fotografie mit entblößtem Ohr.
Wichtig ist seine Form, nicht, was es hört.
Was es hört.
Das Knirschen des Papierwolfs.

(Wislawa Szymborska)

Im neuen Jahr
grüsse ich
meine nahen und
die fernen Freunde
grüsse die
geliebten Toten
grüsse alle
Einsamen
grüsse die Künstler
die mit
Worten Bildern Tönen
mich beglücken
grüsse die
verschollenen Engel
grüsse mich selber
mit dem Zuruf
Mut

(Rose Ausländer)


Samstag, 25. Januar 2014

flugbild

es ist
als hätt ich
begonnen
zu fliegen:

dieses gefühl der

kraft und
entfaltung
und
die angst vor der
tiefe
in die ich
fallen könnte

als ob ich fürchte

unterwegs
das fliegen
zu verlernen.

(h.c. flemming)




Freitag, 24. Januar 2014

If I ever do see you again



Greg Brown (Album: Further In)

Donnerstag, 23. Januar 2014


Die Wolken, sagst du, 
der Wind und der Regen, 
die Steine, sagst du, 
die Nacht und der Tag 

Wenn es ihn gäbe, 
den Wind und den Regen, 
wenn es sie gäbe, 
die Nacht und die Steine 

Wenn es dich gäbe, 
wir liebten uns längst

(Hans-Ulrich Treichel)

Mittwoch, 22. Januar 2014

Ich an mich

Stürmt es kühl aus fernen Himmeln
schliess ich nicht das Fenster zu
will im Innern nicht verschimmeln
will den Sturm, will keine Ruh.

„Innen sein“ heißt nicht Verschliessen
„Äussern“ heißt nicht Ausverkauf.
Stille ist ein stetes Fliessen
jeder Stern nimmt seinen Lauf.

Willst du nur die Nähe sehen
tötest deine Sehnsucht ab –
kannst nichts Ärgers begehen
schaufelst deiner Seele Grab.

Lass die Ängste dich berühren
auch die Zweifel, auch die Nacht –
nicht zur Blindheit dich verführen
weil der Aus-blick Mühe macht!

 (Erika Pluhar)
Nicht mehr
so dahinleben
und dich leben lassen
von den alltäglichen Pflichten,
von der oberflächlichen
Unterhaltung,
von den Erwartungen,
die andere Menschen
an dich stellen.

Eines Morgens früh
aufstehen
und einen Weg suchen,
der dir Klarheit bringt
über das,
was dich in der Tiefe bewegt,
was du selbst für dich willst,
was dir wichtig
und wesentlich ist.

(Christa Spilling-Nöker)

Dienstag, 21. Januar 2014

Ich zähle die Regentropfen an den Zweigen,
sie glänzen, aber sie fallen nicht,
schimmernde Schnüre von Tropfen
an den kahlen Zweigen.
Die Wiese sieht mich an
mit großen Augen aus Wasser.
Die goldgrünen Weidenkätzchen
haben ein triefendes Fell.
Keine Biene besucht sie.
Ich will sie einladen
sich an meinem Ofen zu trocknen.

Ich sitze auf einem Berg
und habe alles,
das Dach und die Wände,
das Bett und den Tisch,
den heißen Regen im Badezimmer
und den Ofen mit löwenfarbener Mähne,
der atmet wie ein Tier
oder ein Mitmensch.
Und die Postfrau
die den Brief bringen würde
auf meinen Berg.

Aber die Weidenkätzchen
treten nicht ein
und der Brief kommt nicht,
denn die Regentropfen
wollen sich nicht zählen lassen.

(Hilde Domin)

Sonntag, 19. Januar 2014

Rise and Shine

Eines Tages, Baby, werden wir alt sein



Eine Hängematte spannen, von Sonntag zu Sonntag
und den Alltag in die Wüste schicken.
Nichts wollen, nichts müssen, die Zeit anhalten,
zur Ruhe kommen und einfach nur da sein.

(Jochen Mariss)


Liebes Leben


Samstag, 18. Januar 2014

Freitag, 17. Januar 2014

Beichte

Immer die gleiche Rose.
Immer das gleiche Gesicht.
Unter wechselndem Monde.
Unter wechselndem Licht.

Immer die gleiche Tollheit.
Immer der gleiche Traum.
Immer noch keine Weisheit.
Immer noch nicht: wie ein Baum.

 (Eva Strittmatter)


Dienstag, 14. Januar 2014

Study me as much as you like, 
you will not know me,
 for I differ in a hundred ways 
from what you see me to be. 
Put yourself behind my eyes 
and see me as I see myself,
 for I have chosen to dwell
 in a place you cannot see.

(Rumi)
Ich dachte lange Zeit, 
dass ich die merkwürdigste Person auf der Welt bin, 
doch dann dachte ich, 
dass es so viele Menschen auf der Welt gibt, 
dass es noch jemanden wie mich geben muss, 
jemanden, der sich auf die gleiche Weise 
wie ich bizarr und fehlerhaft fühlt. 
Ich stelle sie mir vor, 
und ich stelle mir vor, 
dass sie irgendwo da draussen ist, 
und dass sie auch an mich denkt. 
Nun, ich hoffe, 
dass falls du da draussen bist 
und dies liest, 
du weisst, ja, es ist wahr, 
ich bin hier, 
und ich bin ebenso eigenartig wie du.

(Frida Kahlo)

Montag, 13. Januar 2014

Spinner

Das geht raus an alle Spinner
Weil alles ohne Sinn wär
Ohne Spinner wie dich und mich

Sonntag, 12. Januar 2014


(Gedicht: Angela Fahlke)

Lifeline



Original: Gus McGregor

Donnerstag, 9. Januar 2014

Schöner

Schöner sind die Gedichte des Glücks.

Wie die Blüte schöner ist als der Stengel
der sie doch treibt
sind schöner die Gedichte des Glücks.

Wie der Vogel schöner ist als das Ei
wie es schön ist wenn Licht wird
ist schöner das Glück.

Und sind schöner die Gedichte
die ich nicht schreiben werde.

(Hilde Domin)

Mittwoch, 8. Januar 2014

Collapsible Plans

Life is what's happening
While you’re busy making other plans....

Montag, 6. Januar 2014

The Guest House

This being human is a guest house.
Every morning a new arrival.

A joy, a depression, a meanness,
some momentary awareness comes
as an unexpected visitor.

Welcome and entertain them all!
Even if they are a crowd of sorrows,
who violently sweep your house
empty of its furniture,
still, treat each guest honorably.
He may be clearing you out
for some new delight.

The dark thought, the shame, the malice.
meet them at the door laughing and invite them in.

Be grateful for whatever comes.
because each has been sent
as a guide from beyond.

(Jelaluddin Rumi)
Your first kiss isn’t as important as your last. 
The math test really didn’t matter. 
The pie really did. 
The stuff you’re good at 
and the stuff you’re bad at 
are just different parts of the same thing. 
Same goes for the people you love 
and the people you don’t
and the people who love you 
and the people who don’t.
The only thing that mattered 
was that you cared about a few people. 
Life is really, really short.

(Ethan Wate, Beautiful Chaos)

Sonntag, 5. Januar 2014

Immer von neuem entsteht die Frage:
Was sollen wir tun?
Es gibt täuschende Tage,
Da scheinen wir in uns, gesichert, zu ruhn.
Wir kennen den Weg und wissen die Wahrheit. 
Und die Erde ist ein für allemal rund.
Doch hinter der scheinbar äussersten Klarheit
Gibt es noch einen dunkleren Grund.
Und Zweifel sind möglich und finden uns wieder,
Wenn wir endlich mit uns im reineren waren.
Und so kann es geschehn: unsre süssesten Lieder
Sind gepresst aus unseren bittersten Jahren.

(Eva Strittmatter)

erzählt mir nichts

erzählt mir nichts.
meine flimmernden augen
haben die wolken gesehn,
in so vielen pfützen sind
meine schuhe versunken, und
so viele worte verschluckte mein
einsamer mund. was ist die welt:
ein fetzen himmel und wind
im gestrüpp. schon immer fiel
das haar mir steil vom kopf.
von anbeginn reiss ich 
die ohren auf. erzählt mir
nichts: meine füsse haben
den boden berührt.

(hans-ulrich treichel)

Frühjahrsputz

Das Sofa verlassen
Die Trägheit wegräumen
Gedanken ausschütteln

Zerbrochene Gefühle ausmisten
Die Ansprüche entrümpeln
Verblasste Träume einfärben

Verlorene Freude wieder finden
Lächeln neu lackieren
Den Antrieb umtopfen

Das Ende zum Anfang kehren
Alles gegen den Strich bürsten
Die Zukunft rein waschen

Alte Rituale einmotten
Mein Menschlein abstauben
Neue Worte suchen

(Hermine Geissler)

Samstag, 4. Januar 2014

Foto: Raphael Fünfschilling


Donnerstag, 2. Januar 2014

after the rain



Long Way Home






The place where beauty starts

Not to make loss beautiful,
But to make loss the place
Where beauty starts. Where
the heart understands
For the first time
The nature of its journey.
Love, yes. The body
of the beloved as the gift
Bestowed. But only
Temporarily. Given freely,
But now to be earned.
Given without thought,
And now loss
Has made us thoughtful.

(Gregory Orr)

Mittwoch, 1. Januar 2014

Es gibt einen Weg,
den keiner geht,
wenn Du ihn nicht gehst.

Wege entstehen,
indem wir sie gehen.
Die vielen zugewachsenen,
wartenden Wege
von ungelebtem Leben überwuchert.

Es gibt einen Weg,
den keiner geht,
wenn Du ihn nicht gehst.
Es gibt Deinen Weg,
ein Weg, der entsteht,
wenn Du ihn gehst.

(Werner Sprenger)