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Mittwoch, 30. Dezember 2015



Zum neuen Jahr

Das ist alles,
was wir tun können:
immer wieder
von neuem anfangen -
immer wieder
und wieder.

(Thornton Wilder)

Dienstag, 29. Dezember 2015

Nicht ganz verloren der Tag
an dem du ein Wort findest,
nach dem du lange gesucht hast.
An dem du die Amsel hörst,
als wäre es das erste Mal,
ein Zusammenhang deutlich wird.

(Rainer Malkowski)

Montag, 28. Dezember 2015

"In riding a horse, we borrow freedom."

Samstag, 26. Dezember 2015

Kleine Perlen des Tages
ein Lächeln
ein Streicheln
eine liebende Hand
kleine Perlen
des Tages
aufgereiht
zur Kette
der Zuversicht
zu tragen
bei anbrechender
Dunkelheit

(Peter Schiestl)

Donnerstag, 24. Dezember 2015

Finally on my way to yes 
I bump into 
all the places 
where I said no 
to my life 
all the untended wounds 
the red and purple scars 
those hieroglyphs of pain 
carved into my skin, my bones, 
those coded messages 
that send me down 
the wrong street 
again and again 
where I find them 
the old wounds 
the old misdirections 
and I lift them 
one by one 
close to my heart 
and I say holy 
holy. 

(Pesha Gertler)

Samstag, 19. Dezember 2015

Nicht verpassen


Nicht verpassen möchte ich 
Das Einsetzen des Tauwetters,
die Rückkehr der Zugvögel,
das Aufspringen der Knospen,
den Aufstieg des Kometen.
Nicht verpassen möchte ich
die Flucht der Mächtigen,
die Auferstehung der Schwachen.
Nicht verpassen möchte ich 
den Tag,
an dem alle Felder grün
sind von Hoffnung,
an dem auf allen dunklen Wegen
Kerzen leuchten,
an dem die Menschen
sehen, hören und sprechen,
den Tag,
an dem Steine weich werden.
Ich möchte dabei sein.

(Anne Steinwart)





Steiler durchs Urgestein
sind Wege gefügt,
tiefer im Erdreich
gewurzelt der Baum,
dunkler Winteräste am Stamm.
Aber auch heller die Vögel
in der Krone des Sommers,
blühender Blumen, inniger offen
der Liebkosung des Falters

(Gretel Winterling)

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Montag, 14. Dezember 2015

"Meinen Platz einnehmen, am Feuer, auf dem Narrenschiff, in der Karawane, im Dorf, im Weltzirkus.
Lauschen und hören, wenn ich gefragt bin. An die Gaben glauben, die ich zu bieten habe, vertrauen, dass die Welt möchte, dass ich meinen Teil beitrage. Ganz tief hineingehen in mein Sosein und meine Gaben so mutig und authentisch anbieten wie es nur möglich ist. Dann gibt es keine Wertung, keine “grossen”, keine “kleinen” Gaben. Dann werden viele unterschiedliche Gaben von vielen zusammenkommen. Und die braucht es in den stürmischen Zeiten. Es braucht die Contrarykraft, die Gegenteilskraft, die Ältestenweisheit, den wildesten Teil unserer Seele, das wunderbare, verwundbare Herz der Kriegerin, die nicht retten, sondern einfach nur bezeugen, sehen, da sein will, ganz wach, ganz offen für den Schmerz und die Freude, für die Verrücktheit der Welt, für die Augenblicke des Lebens. Es braucht alle Gaben. Also schaue ich, was kommt."

(Cambra Skade)

Neue Wege gehen
staunen, sich überraschen lassen
an jedem Abzweig entscheiden
links oder rechts
steil oder eben
Sonne oder Schatten
weit oder nah
seinem gewählten Wege
folgen mit ganzem Herzen
bis zur nächsten Kreuzung
dann vertrauensvoll
neu entscheiden
und sich tragen lassen
in das, was kommt

(Maria Sassin)

Die Grenzen, die du errichtest, 
werden solange für dich real sein, 
bis du lernst, über sie hinaus zu gehen. 
Dann hören sie auf, wirklich zu sein.

Später wirst du auf die Realität zurückblicken,
 in der du gelebt hast,  und du wirst dich wundern, 
wie es dir einst möglich gewesen sein konnte, 
ihre engen Grenzen zu ertragen.

(Paul Ferrini)

Dienstag, 8. Dezember 2015


Wörter

Wörter, wie ungewichtig
seid ihr geworden, in den Schatten
gestellt von Erinnerungen,
Gedanken, die landen wie Vögel mit
lichtgefächerten Schwingen,
wortlos und buchstabenscheu.
Gelegentlich kreuzen sie auch
den Weg einer Montgolfiere
und überleben unbeschadet
das übererregte Feuer, die Seile,
den Krach.

(Dagmar Nick)

Samstag, 5. Dezember 2015


Mit Dir,
Freundin,
unsere Welt mit offenen Augen betrachten:
die Wolken,
die Erde,
die Wurzeln,
die Bäume,
die Blätter,
die Menschen
und uns.
Das Wesen der Dinge erkennen,
es benennen
und sichtbar machen,
wie sie auf uns blicken,
mahnend,
an unserem Weg.

(Annette Gonserowski)

Donnerstag, 3. Dezember 2015

WinterMorgenNebel


Die Freude
dieses bescheidenste Tier
dies sanfte Einhorn

so leise
man hört es nicht
wenn es kommt, wenn es geht
mein Haustier
Freude

wenn es Durst hat
leckt es die Tränen
von den Träumen.

(Hilde Domin)

Montag, 30. November 2015


Immer kreisen
auf dem kühleren Wind
hilflos

kreisen meine Worte
heimwehgefiedert
nestlos

einst einem Lächeln entgegen
keiner trägt das Leben allein
kreisend und kreisend.

(Hilde Domin)

Freitag, 20. November 2015

du lieber himmel!
ein herrenloses gedicht
streunt über die seite
vielleicht beisst es!
ein wadenbeissergedicht!
nehmen sie sich in acht
gedichte haben scharfe zähne
dringen tief ein ins fleisch
sehen harmlos aus
wenn sie so über die seiten weiden
so friedlich
beinahe könnte man sie lieben
und dann
schnappen sie zu

(Jolanda Fäh)

Sonntag, 15. November 2015

Du weisst, dass hinter den Wäldern blau 
die großen Berge sind. 
Und heute nur ist der Himmel grau 
und die Erde blind.

Du weisst, dass über den Wolken schwer 
die schönen Sterne stehn, 
Und heute nur ist aus dem goldenen Heer 
kein einziger zu sehn.

Und warum glaubst du dann nicht auch, 
dass uns die Wolke Welt 
nur heute als ein flüchtiger Hauch 
die Ewigkeit verstellt.

(Eugen Roth  )

Donnerstag, 12. November 2015

The only moment that you can live here comfortably 
in these absolutely irreconcilable conflicts 
is in this moment when you embrace it all and you say, 
‘Look, I don’t understand a fucking thing at all – Hallelujah!’ 
That’s the only moment that we live here fully as human beings.

(Leonard Cohen)


Mittwoch, 11. November 2015

…und dann muss man ja auch noch Zeit haben,
einfach da zu sitzen und vor sich hin zu schauen.

(Astrid Lindgren)

Samstag, 7. November 2015

Komm
einen Atemzug näher
ans Licht
Schwester

Sei kühn
und unnahbar.

(Rose Ausländer)

Mittwoch, 4. November 2015

Montag, 2. November 2015

Es ist alles ganz einfach

Es ist alles ganz einfach viel
einfacher und trotzdem
auch so gibt es Augenblicke
in denen es mir zuviel wird
In denen ich nicht verstehe
und nicht weiss, ob ich laut lachen
oder vor Angst weinen soll
oder ohne Weinen
ohne Lachen
still dasein
mein Leben annehmen
meine Durchreise
meine Zeit.

(Idea Vilarino)

Sonntag, 1. November 2015

Herbstfarben





...Spätherbst ist immer die Zeit 
zwischen Ernte und Sterben...

(Erich Fried)




Samstag, 31. Oktober 2015

Unmögliche Wünsche

Meinem Kind
die Wünsche vererben:
Wünsch weiter als ich,
zäh
und mit Ungeduld
über alles hinaus.

Dass die Sprache
der Schuldlosen
die Sprache der Welt wird.
Dass Gewalt
nebelgrau
ins Vergessen sinkt
und Hass
verholzt und abstirbt.
Wünsch, dass die Früchte
reifen für alle
unter der Sonne.

Wünsch weiter als ich.
Wünsch das Unmögliche.

(Elke Oertgen)

LandLeben





Mittwoch, 28. Oktober 2015

wunder

unter den wundern
das grösste:
die vielen
unbehelligten leben.

gedankensplitter,
wenn es hochkommt,
die vereinzelt
im fleisch stecken.

wandern.

leichte beschwerden
an einem dienstag
im april,
im juli
an einem donnerstag.

schöne zeit sonst.
man kann
heute schrecklich alt werden.


(rainer malkowski)

Geh die Strasse entlang
ohne Zeiger
biege links ab
dann rechts wieder rechts und links
geradeaus und so weiter
bis der Kreis dich erreicht
sein Mittelpunkt
Hier
fang an

(Rose Ausländer)

Sonntag, 25. Oktober 2015

Leicht fallen

Selten ein Tag wie heute 
die Luft ohne Geister 
die Bäume auch 
selbst das Gebüsch 

Einfach ins Gras fallen 

Keine Angst 
untergründige Angst 
vor allem 
heute nicht 
die Angst 
vor dem was vor uns war 
und nach uns kommen wird 
Einfach ins Gras fallen 
zwischen all das Getier 

(Tanja Dückers)

Herbstfarben



Samstag, 24. Oktober 2015

Freitag, 23. Oktober 2015

Sich Umwege gestatten
tagelange jahrelange lebenslange
flussähnlich mäandernde

(Werner Lutz)

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Ich suche das Wort
das mich fände.
Jedes Wort ist ein Mass für Distanzen,
die ich mit Worten nicht überwinde.
Wortlos lerne ich lauschen.
Lauschen ist ein Gespräch mit dem Schweigen.
Gedichte sind Grade des Schweigens.

(Erika Burkart)

Sonntag, 18. Oktober 2015

Orte

Von Ort zu Ort
jeder
eine andere Fremde
ein anderes Zuhause

Manchmal
wörtliches Einverständnis
mit Unbekannten

Ein Wort
nimmt den Anderen
beim Wort

(Rose Ausländer)

Nicht gefaulenzt gebummelt nicht gefeiert
niemandem einen Tag gestohlen
ich gehe aufrecht ins Ungewisse
nehme mit was mir gehört

(Werner Lutz)

Freitag, 16. Oktober 2015

Donnerstag, 15. Oktober 2015


jeden tag
fliesst das meer
um meine
worte

die schönsten
geb ich ihm
an deine
küste
mit

(Rea Revekka Poulharidou) 

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Indonesia


Ich glaube an die Wunder
dieser Welt und der unendlichen
unbekannten Welten

Ich glaube
an das Wunder der Träume
Träume im Schlaf
und im Wachen

Ich glaube an die Wunder
der Worte
die in der Welt wirken
und die Welten erschaffen

Ich glaube
an dich
Lebensbruder

(Rose Ausländer)

Sonntag, 11. Oktober 2015

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Mittwoch, 7. Oktober 2015


Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.

Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür, 
und du läufst mir jauchzend entgegen.

Und dann öffne ich meine Arme für dich....

(Gerhard Schöne)

Dienstag, 6. Oktober 2015


Geh in Dich,
steig ins Gebirge,
dort sind der Wind
und das Schweigen
ein doppelter Schlag.
Such eine Höhle
und nenne sie Schmerz.
Werde zu Stein
und fall' Dir vom Herzen.
Du warst Dir
lang schon zu schwer.

(Jost Renner)

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Noch weit von den dunkleren Tagen entfernt
noch Arm in Arm mit allerlei Sorglosigkeiten
mit dem Augenblick noch immer im Gespräch

(Werner Lutz)

Sonntag, 27. September 2015

September ist der Sehnsuchtsmonat
Mit Fernendunst in frühen Licht.
Das Leben wird schmerzlicher fühlbar:
Summe von Säumnis und Verzicht.

September ist der Täuschungsmonat.
Dass alles noch einmal beginnt.
Verwirrung wie vor einem Frühling.
Und wir: als ob wir ewig sind.

Wir gehn durch Silber und durch Bläue.
Und fast verwandelt von der Luft,
Die lind ist wie die Luft der Ferne
Und wie gewürzt vom Bitterduft

Der Nüsse und nur hin und wieder
von einer Rose aufgerührt.
September - Mond der Tagessterne.
Im Taugekräut. Wie scharf man spürt

An solchen Morgen: alles wissen.
Noch Mensch sein und schon nicht mehr jung.
Erinnrung ist in unsren Küssen
In jedem Wort: Erinnerung.

All unser Leben ist seit langem
Ein dreigefädelter Gesang.
Hoffnung und Sehnsucht zirpen zaghaft.
Von der Erinnrung kommt der Klang.

Die vollen und die tiefen Töne
Kommen von dem, was mit uns war.

(Eva Strittmatter)

Samstag, 26. September 2015

zwei Seelen

Da gibt´s die eine in meiner Brust:
hübsches Gesicht helles Haar
blauäugig freundlich gewandet
und sanft. So sanft und sauber
zufrieden und fein.

Und da gibt´s die andere:
mondbesessen verdreckt
strähnige Haare Chiffon zerfetzt
die Lippen zerbissen Füsse zertanzt.
Sie kennt die Lieder.

(Ulla Hahn)


Immer sind es Bäume
die mich verzaubern
Aus ihrem Wurzelwerk schöpfe ich
die Kraft für mein Lied

Ihr Laub flüstert mir
grüne Geschichten

Jeder Baum ein Gebet
das den Himmel beschwört

Grün die Farbe der Gnade
Grün die Farbe des Glücks

(Rose Ausländer)