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Donnerstag, 30. Januar 2014


Am Leben bleiben

Man besteht darauf,
am Leben zu bleiben,
zählt an zehn Fingern,
was man für Glück hält,
sieht in verschiedene Gesichter,
lässt sich grüssen und grüsst zurück,
empfindet physische Reife.
Licht fällt in gerader Linie,
wenn Mittag ist und
die Emotionen gedämpft sind.
Ich laufe nicht mehr Wörtern nach,
wenn ich dicht neben dir schlafe
und nicht merke, wie schnell
man scheitert und schweigt.

(Karl Krolow)


Fundstück, hier entdeckt:  http://lyrik-laterne.blogspot.com
Ich, sagte er uns
Bin der Zweifler, ich zweifle, ob
Die Arbeit gelungen ist, die eure Tage verschlungen hat.
Ob, was ihr gesagt, auch schlechter gesagt, noch für einige Wert hätte.
Ob ihr es aber gut gesagt und euch nicht etwa
Auf die Wahrheit verlassen habt dessen, was ihr gesagt habt.
Ob es nicht vieldeutig ist, für jeden möglichen Irrtum
Tragt ihr die Schuld. Es kann auch eindeutig sein
Und den Widerspruch aus den Dingen entfernen; ist es zu eindeutig?
Dann ist es unbrauchbar, was ihr sagt. Euer Ding ist dann leblos.
Seid ihr wirklich im Fluss des Geschehens? Einverstanden mit
Allem, was wird? Werdet ihr noch? Wer seid ihr? Zu wem
Sprecht ihr? Wem nützt es, was ihr da sagt? Und nebenbei:
Lässt es auch nüchtern? Ist es am Morgen zu lesen?
Ist es auch angeknüpft an vorhandenes? Sind die Sätze, die
Vor euch gesagt sind, benutzt, wenigstens widerlegt? Ist alles belegbar?
Durch Erfahrung? Durch welche? Aber vor allem
Immer wieder vor allem anderen: Wie handelt man
Wenn man euch glaubt, was ihr sagt? Vor allem: Wie handelt man?

(B. Brecht)

Hoch oben nah dem Sturm


Danksagung

Vieles verdanke ich denen,
die ich nicht liebe.
Die Erleichterung, mit der ich hinnehme,
dass sie einem anderen näher sind.
Die Freude, nicht ich bin
der Wolf ihrer Lämmer.
Ich habe Frieden mit ihnen
und Freiheit mit ihnen,
das aber kann mir Liebe
weder geben noch nehmen.
So warte ich nicht auf sie
zwischen Fenster und Tür.
Geduldig
fast wie die Sonnenuhr,
weiss ich, was die Liebe
nicht weiss,
verzeihe, was die Liebe
niemals verziehe.
Vom Stelldichein bis zum Brief
verfliesst keine Ewigkeit,
nur eben Tage und Wochen.

(Wistawa Szymborska)