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Sonntag, 30. Juni 2013


Der Liebe wird alles wichtig und lieb:
eine Schattenmulde in der Wange,
das Runzelgeflecht ums Auge,
eine Kindheitsnarbe unter den Zehen,
ein verborgener Makel der Haut,
eine sichtbarer werdende Ader
und die kahle Stelle im Haar ...

Treuer als Lust macht Zärtlichkeit,
der Schmerz um Vergängliches erneuert.
Aus den Filtern behutsamer Trauer
bergen wir die Schönheit, die bleibt

(Christine Busta)

Samstag, 29. Juni 2013

Freitag, 28. Juni 2013

What if instead 
of the right words, 
all that it took 
was the right pair of ears 
and the right beating heart?

(Mary Kate Teske)
Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden, 
in welchen meine Sinne sich vertiefen; 
in ihnen hab ich, wie in alten Briefen, 
mein täglich Leben schon gefunden 
und wie Legende weit und überwunden.
Aus ihnen kommt mir Wissen, dass ich Raum 
zu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe. 
Und manchmal bin ich wie ein Baum, 
der, reif und rauschend, über einem Grabe 
den Traum erfüllt, den der vergangne Knabe 
(um den sich seine warmen Wurzeln drängen) 
verlor in Traurigkeiten und Gesängen.

(R.M. Rike)

Donnerstag, 27. Juni 2013

Ich möchte klein sein
und schwach sein
und eingerollt.
Und um mich einen Menschen,
der mein Haus ist
der Festland ist, wenn um mich
das Wasser herumwellt,
der Flügel hat
und mich davonträgt,
wenn die Welt nichts mehr her gibt,
der meine Träume auffängt
und daraus Tautropfen macht
der seine warme Hand auf meine Haut legt,
wenn sie friert,
der mein Zittern behutsam fortdrückt
der die Kälte um mich forthaucht,
der einfach da ist
in diesen Augenblicken 
und wenn ich "Scheisse" sage,
nickt.

(Edith Soballa)

Mittwoch, 26. Juni 2013


In einem anderen
Land
soll die Erde
flach sein
der Horizont zwar
unerreichbar
wie hier
aber das Meer
ganz nah
sollen die Bäume
vom Wind
gebeugt sein
und nur
die Bäume

(Günter Navky)




Dienstag, 25. Juni 2013

 Die Wirklichkeit ist nicht so, wie ich sie gern hätte.

Sie ist nicht so, wie sie sein sollte.

Sie ist nicht so, wie man mir gesagt hat, dass sie sei.

Sie ist nicht so, wie sie einmal war.

Noch ist sie so, wie sie morgen sein wird.

Die Wirklichkeit um mich herum ist, wie sie ist.

(Jorge Bucay)

Montag, 24. Juni 2013

Nachts schwimme ich 
Im Strom der Sterne 
Die mich träumen 
An Feiertagen 
Lieg ich im Waldschatten 
Und sehne mich 
Nach dem Licht das erleuchtet 
Um meinen Weg zu finden 
Zu deinem Weg 

(Rose Ausländer)

each man must realize
that it can all disappear very 
quickly:
the cat, the woman, the job,
the front tire,
the bed, the walls, the
room; all our necessities
including love,
rest on foundations of sand - 
and any given cause,
no matter how unrelated:
the death of a boy in Hong Kong
or a blizzard in Omaha ...
can serve as your undoing.
all your chinaware crashing to the 
kitchen floor, your girl will enter
and you'll be standing, drunk,
in the center of it and she'll ask:
my god, what's the matter?
and you'll answer: I don't know,
I don't know ...

(Charles Bukowoski)

Sonntag, 23. Juni 2013

Eines Tages
werde ich Dir ein Gedicht schreiben,
das weder die Luft erwähnt
noch die Nacht,
ein Gedicht,
das die Namen der Blumen auslässt,
in dem es keinen Jasmin
und keine Magnolien gibt.
Eines Tages
werde ich Dir ein Gedicht schreiben
ohne Vögel und Quellen,
ein Gedicht
das das Meer umgeht
und das nicht in die Sterne schaut.
Eines Tages
werde ich Dir ein Gedicht schreiben,
das sich darauf beschränkt,
mit den Fingern
über Deine Haut zu fahren,
und das Deinen Blick
in Worte verwandelt.
Ohne Vergleiche, ohne Metaphern,
eines Tages
werde ich Dir
ein Gedicht schreiben,
das nach Dir riecht,
ein Gedicht
mit dem Rhythmus Deines Pulses,
mit der Kraft,
dem Druck Deiner Umarmung.
Eines Tages werde ich Dir
ein Gedicht schreiben,
den Gesang meines Glücks. 

(Darío Jaramillo Agudelo)

Samstag, 22. Juni 2013

Freitag, 21. Juni 2013

nacht

die nacht weiss, was ich nicht weiss
kennt meinen wahren namen
birgt ihn
im sand der rieselnden zeit

was weht da im morgen
macht hinter der milchscheibe
der frühen stunde
ein zeichen

am tag
ein innehalten
verlorenes sinnen

erwache
mahnt ein traum

(Eveline Hasler)


Donnerstag, 20. Juni 2013

Nachtgedanken

Die schönste Zeit in meinem Heute:
wenn die geballten Tagesfäuste
sich verwandeln
in warme zärtliche Nachthände,
streichelnd Deine Wärme fühlen,
wenn unsere Zweisamkeit
sich wie eine warme Kuppel
über uns senkt
und die Welt
aussperrt.

(Heidi Lachnitt)

Mittwoch, 19. Juni 2013


Im Gefieder der Angst
die Flugkraft
Hoffnung -
Weit eilt ihr Flügel
über das Scheitern hinaus.
Federleicht
enthebt sie sich
der Schwerkraft
menschlicher Sorge.
Selig manchmal:
Allein im Gleitflug
mit neuem Lied.

( Charlotte De Laere)

Reassurance

I must love the questions
themselves
as Rilke said
like locked rooms
full of treasure
to which my blind
and groping key
does not yet fit.
and await the answers
as unsealed
letters
mailed with dubious intent
and written in a very foreign
tongue.
and in the hourly making
of myself
no thought of Time
to force, to squeeze
the space
I grow into.

(Alice Walker)
Hab überwunden
den Winter,
überwunden
die Nacht,
breche auf
mit den Knospen,
verströme
im Licht,
streiche frei
mit den Winden
um Häuser,
durch Strassen,
nehm mir die Freiheit
zu lieben.

(Annette Gonserowski)


Dienstag, 18. Juni 2013

Inselmittag

Wir sind Fremde
von Insel 
zu Insel.
Aber am Mittag, wenn uns das Meer
bis ins Bett steigt
und die Vergangenheit
wie Kielwasser
an unsern Fersen abläuft
und das tote Meerkraut am Strand
zu goldenen Bäumen wird,
dann hält uns kein Netz
der Erinnerung mehr,
wir gleiten
hinaus,
und die abgesteckten 
Meerstrassen der Fischer
und die Tiefenkarten
gelten nicht 
für uns.

(Hilde Domin)

Montag, 17. Juni 2013

Wenn du der Trauer tiefste Wurzel findest,
wirst du wie ein Baum sein,
der nah am Wasser gepflanzt ist
und nach dem Bach
die Wurzeln ausstreckt.

Du hast nichts zu fürchten,
wenn das Wasser im Sturm
über die Ufern tritt.

Du hast nichts zu befürchten,
wenn die Hitze kommt.

Deine Blätter bleiben grün,
auch in Zeiten der Dürre
kann es dir nicht bangen.

Du hörst nicht auf,
Früchte zu tragen.

Du bist mit deinen Wurzeln fest verbunden.

(Jorgos Canacakis)

Sonntag, 16. Juni 2013

Dance when you're broken open. 
Dance when you've torn the bandage off. 
Dance in the middle of fighting. 
Dance in your blood. 
Dance when you're perfectly free. 
Struck, the dancer hears a tambourine inside her, 
like a wave that crests into foam at the very top, 
Begins. 
Maybe you don't hear that tambourine, 
or the tree leaves clapping time. 
Close the ears on your head, 
that listen mostly to lies and cynical jokes. 
There are other things to see, and hear. 
Music. Dance. 
A brilliant city inside your soul

(Rumi)



Samstag, 15. Juni 2013

The truth is,
 everything will be okay 
as soon as you are 
okay with everything. 
And that's the only time 
everything will be okay.

(Michael Singer)

Sommertag






Ich gehe 
im Bett 
spazieren

Am Ufer des Ganges
und zur
Mauer Abazzia

Mein Herz
liegt in der 
rostigen
Hülle der Trauer 

Meine Wege
führen ins Wunder

(Rose Ausländer)

Freitag, 14. Juni 2013

Mohnfeld-Zauber









Den Weg, den du kommen wirst
schmücke ich mit rotem Klatschmohn,
hänge Sonnenstrahlen über die Äste der Bäume,
streue von der Nacht zuvor
den Glanz des Mondes in mein Haar.
Dann umarme ich das Warten.
Auf meinen Händen trage ich dir
das Rauschen des Windes
ein Stück entgegen.

(Margit Günther)







Donnerstag, 13. Juni 2013

Think for yourself.

“Throughout human history, as our species has faced the frightening, terrorizing fact that we do not know who we are, or where we are going in this ocean of chaos, it has been the authorities, the political, the religious, the educational authorities who attempted to comfort us by giving us order, rules, regulations, informing, forming in our minds their view of reality. To think for yourself you must question authority and learn how to put yourself in a state of vulnerable, open-mindedness; chaotic, confused, vulnerability to inform yourself.”

(Timothy Leary)
Ich habe neue Räume 
gefunden in mir
und Alte, lang schon Vergessene.
Ich betrete sie voller Erstaunen
und doch nicht überrascht.
Ich laufe darin herum
und rede laut mit mir selbst
und fange an sie auszufüllen
- manchmal gestatte ich mir
einen Hüpfer oder einen 
kleinen Gesang einen Tanz
und frage mich wieso
ich meine Enge so lang
hingenommen habe
Entschlossen
nehme ich Besitz
von mir selbst

(Hans Curt Flemming)

Mittwoch, 12. Juni 2013


We do not become healers. 
We came as healers. We are. 
Some of us are still catching up to what we are.
We do not become storytellers. 
We came as carriers of the stories 
we and our ancestors actually lived. We are. 
Some of us are still catching up to what we are.
We do not become artists. We came as artists. We are. 
Some of us are still catching up to what we are.
We do not become writers.. dancers.. musicians.. helpers.. peacemakers. 
We came as such. We are. 
Some of us are still catching up to what we are.
We do not learn to love in this sense. We came as Love. We are Love. 
Some of us are still catching up to who we truly are.

( Clarissa Pinkola Estes)



Dienstag, 11. Juni 2013

An dem Tag, an dem ich geboren wurde, 
 kamen viele Geschichten meines Lebens zur Welt. 
Jede trägt ihre eigene Wahrheit und Weisheit.

(May Ayim)



Restherz

Kein Geld für Pleiten,
kaum Zeit für Glück,
          ich lebe so panisch gern.
Verdunkeln mich auch die Motoren der Sonne,
scheint auch der Mond auf Bullen und Blut:
aushalten. Das Ende vor Augen
Anfänge machen,
gepanzert mit Verwundbarkeit,
bis an die Zähne bewaffnet mit Angst.

(Ralf Rothmann)

Montag, 10. Juni 2013



Zugvögel

Wieviele Vögel werden
das wärmere Land nie erreichen?

Werden jetzt andere vor der Kälte
in die verlassenen Nester flüchten?

Wo ist Heimat, wenn man auf Abruf wartet?
Ist es der Ort, wo man fliegen lernt?

  (Christine Busta)


Was vergangen ist fehlt mir nicht
ich misstraue der Schönheit
von gestern
nur Träume
sind schwer beim Erinnern
wenn die Kälte zunimmt, das Dunkel
und die Leere
zwischen dem Augenblick
und dem Entwurf.

  (Ingibjörg Haraldsdóttir)

Sonntag, 9. Juni 2013

Samstag, 8. Juni 2013

Die Menschen sind wie bunte Glasfenster: 
sie funkeln und leuchten, 
wenn die Sonne scheint; 

doch nach Anbruch der Dunkelheit 
wird ihr wahre Schönheit nur offenbar, 
wenn sie ein inneres Licht haben.

(Elisabeth Kübler-Ross)
Das Glück erkennen,
wenn es vor einem liegt.
Den Mut und die Entschlossenheit haben,
es aufzuheben 
und es in die Arme zu schliessen...

(Marc Levy)

Eigentlich...

Eigentlich sollte ich aufbrechen
aus der Enge verbrauchter Gewohnheiten

Eigentlich sollte ich aufhören
atemlos durch die Tage zu rennen

Eigentlich sollte ich mich weigern
fraglos zu funktionieren und zu schweigen

Eigentlich sollte ich 
das Wort Eigentlich streichen
um am Ende nicht sagen zu müssen
Eigentlich hätte ich
leben wollen

(Sabine Naegeli)

Freitag, 7. Juni 2013

Six Billion People

And all of you so beautiful
I want to bring you home with me
to sit close on the couch.

My invitation inserted in six billion bottles,
corked with bark from the final forest
and dropped in the ocean of my longing.

We would speak the language of no words,
pass the jug of our drunken joy
at being babies growing into death.

Sometimes, I know, life is stupid, pointless,
beside the point, but here’s the point —
maybe we would fall

in love, settle down together,
share the wine, the bills,
the last of the oxygen and the remote.

(Tom Chandler)

Donnerstag, 6. Juni 2013

Mittwoch, 5. Juni 2013

Jenseits von richtig und falsch
liegt ein Ort. 
Dort treffen wir uns.

(Rumi)




Dienstag, 4. Juni 2013

Sag mir
wie gelingt es
über sich selbst hinaus zu wachsen
Lähmendes hinter sich zu lassen
Rätselhaftes zu enträtseln
Dunkles zu überspringen
ins das Grün 
ungetrübter Gelassenheit

(Annemarie Schnitt)

Montag, 3. Juni 2013

Wings



What we find in a soulmate 
is not something wild to tame 
but something wild to run with.

(Robert Brault)
Heute erwachte ich 
ganz still als Poetin 
und stellte mir vor ich könnte 
mich einfach hinfliessen lassen zur Liebe 
wie ein träges Segelschiff 
spielerisch dem Winde folgt. 
Ich könnte plötzlich da sein, 
eine Erscheinung, 
das Klappern der Schreibmaschinen 
vergessen 
das Telefon 
die Zeit 
und Dich anschaun 
als ob nichts auf der Welt wichtiger sei. 
Diese Vogelgefühle machen mir Angst 
weiss ich doch nicht wie weit 
die Stäbe des Käfigs sind 
die ich manchmal in Deiner Stimme spüre 
wenn Du mich zurückholst 
in die Wirklichkeit.

Weisst Du denn, ob ich nicht 
an einem heimlichen 
magischen Ort 
wo ein freundlicher 
gütiger Zauberer haust 
den Kompass finde 
der mir den Weg weist 
zu Deinem Herzen 
und mich nicht irren lässt in dem Wald 
wo der Kobold der hinter Deinen Augen lebt 
sein Häuschen hat mit Teekannen, 
Spiegeln und Zaubertiegeln?

Es gibt Tage, da füllen sich 
meine Arme mit Blumen
und meine Haut riecht 
nach duftenden Kräutern 
und ich zerzause mein Haar, 
ziehe meine Schuhe aus 
und denke, diese ganze Verrücktheit 
gefällt mir. 
Du kannst Dir nicht vorstellen 
wie sehr mir gefällt 
Eva zu sein und Dir meine Welt 
zu benennen 
und zu beobachten wie Du 
mit diesem seltsamen Ausdruck 
als ob Du mich um den Schlüssel bätest
und gleich wieder zurückzucktest 
in die Vernunft 
mit komplizierten Fäden knüpfst 
was uns kitzelt 
damit wir Telefon und Schreibtisch 
verlassen 
die verschiedenen Planeten vergessen, 
die wir
bewohnen
in freiem Flug aus dem Fenster schweben 
- nackt wie übermütige Engel -
die Labyrinthe der Lebensrosen öffnen 
die aberwitzigen Maschinen 
des Todes stoppen 
und zur Mitte der Sonne gelangen 
zur Mitte des köstlichen Wahnsinns 
wo ein Kuss
alle Weisheit 
des unerforschlichen Universums 
enthält

(Giaconda Belli)

Sonntag, 2. Juni 2013

Im Frühlingsgarten










 Worte 
     meine Fallschirme 
    mit euch 
   springe 
   ich 
   ab 
      wer euch richtig öffnet 
     schwebt

        (Horst Bienek)

Acceptance is a small, quiet room

Most things will be okay eventually, but not everything will be. 
Sometimes you’ll put up a good fight and lose. 
Sometimes you’ll hold on really hard and realize there is no choice but to let go. 
Acceptance is a small, quiet room. 

 (Cheryl Strayed) 

Samstag, 1. Juni 2013


Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurückbegeben,

Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.

(Novalis)