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Sonntag, 27. September 2015

September ist der Sehnsuchtsmonat
Mit Fernendunst in frühen Licht.
Das Leben wird schmerzlicher fühlbar:
Summe von Säumnis und Verzicht.

September ist der Täuschungsmonat.
Dass alles noch einmal beginnt.
Verwirrung wie vor einem Frühling.
Und wir: als ob wir ewig sind.

Wir gehn durch Silber und durch Bläue.
Und fast verwandelt von der Luft,
Die lind ist wie die Luft der Ferne
Und wie gewürzt vom Bitterduft

Der Nüsse und nur hin und wieder
von einer Rose aufgerührt.
September - Mond der Tagessterne.
Im Taugekräut. Wie scharf man spürt

An solchen Morgen: alles wissen.
Noch Mensch sein und schon nicht mehr jung.
Erinnrung ist in unsren Küssen
In jedem Wort: Erinnerung.

All unser Leben ist seit langem
Ein dreigefädelter Gesang.
Hoffnung und Sehnsucht zirpen zaghaft.
Von der Erinnrung kommt der Klang.

Die vollen und die tiefen Töne
Kommen von dem, was mit uns war.

(Eva Strittmatter)

Samstag, 26. September 2015

zwei Seelen

Da gibt´s die eine in meiner Brust:
hübsches Gesicht helles Haar
blauäugig freundlich gewandet
und sanft. So sanft und sauber
zufrieden und fein.

Und da gibt´s die andere:
mondbesessen verdreckt
strähnige Haare Chiffon zerfetzt
die Lippen zerbissen Füsse zertanzt.
Sie kennt die Lieder.

(Ulla Hahn)


Immer sind es Bäume
die mich verzaubern
Aus ihrem Wurzelwerk schöpfe ich
die Kraft für mein Lied

Ihr Laub flüstert mir
grüne Geschichten

Jeder Baum ein Gebet
das den Himmel beschwört

Grün die Farbe der Gnade
Grün die Farbe des Glücks

(Rose Ausländer)

Donnerstag, 24. September 2015

Herbst

Nebelschwaden
über der Welt
ich such im Windlicht
meinen Weg
hab noch Sand
in Hosentaschen
hab ein Lied
das weiterträgt

(Annemarie Schnitt)

sei mein herbst
warte auf mich 
bis zum ende der ernte
sei mein herbst

frühling ist nur ein vorwort
sommer reiner durst
winter heisst warten

sei mein herbst
bring mich zur reife
bis ich aus der zeit

in deine arme
falle


(Rea Revekka Poulharidou)

Samstag, 19. September 2015


manchmal wünsche ich mir
ich könnte diesen traum
vergessen

und dann
halte
ich ihn
doch
fest

wie einen brief
eine blume
eine feder

als sei er das einzige
was mir von dir noch
bleibt


(Rea Revekka Poulharidou)

Mittwoch, 16. September 2015


Alles fügt sich, alles schickt sich
musst es nur erwarten können
und dem Wachsen deiner Wünsche
Zeit und reichlich Bilder gönnen.
Bis du eines fernen Tages
jenen reifen Duft der Körner spürst
und dich aufmachst
und die Ernte in die tiefen Speicher führst

(Christian Morgenstern)

Sonntag, 13. September 2015



Und dann war da noch die Blume
die ihre eigene Wiese in sich trug.

(Otto Lenk)

Donnerstag, 10. September 2015

Und dann sitzt man doch immer wieder mal 
an einem grossen Tisch zusammen, 
mit Freunden, 
und neue sind dazugestossen, 
oder plötzlich wird man 
in einer Imbissstube 
von der Wärme gepackt, 
Prosten, Reden, Streiten, 
man liebt und plant und hofft, 
ach, ganz egal wo, 
immer wieder trifft man eben Menschen, 
Menschen, 
die sich einfach dauernd entwickeln, 
vorleben, 
keine Bedinungen ans Glück stellen, 
selten schuldig sprechen, 
und sich nicht vertuschen. 
Das kann sicher noch nicht alles sein, 
aber es ist genug, 
um weiterzuleben, 
weiterzulachen 
und weiterzudichen. 

(Konstantin Wecker)

Sonntag, 6. September 2015

Deine Erfahrungen 
sollten nirgends umkehren, 
nicht erschrecken,
an keinen Türen horchen, 
überall leise und aufrecht durchgehen...

Rainer Maria Rilke

Dienstag, 1. September 2015

dieser streifen blau
im fensterrahmen

wie gross er plötzlich ist

welche möglicheiten auf einmal
darin träumen

( Otto Lenk)


Ich lausche
den Graswurzeln nach
und ihren verschwiegenen Gesängen
sinke tiefer und
tiefer
sommerwärts
in Arme aus Grün
und lasse die Gedanken
spazierengehen
über den  Rand der Wolken
und weiter ins große
Blau.

(Isabella Schneider)