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Montag, 9. Januar 2012

Gegen den Wind gestemmt
geh ich weiter
mit kleinen Schritten
gegen den Wind
treibt mir Schnee
überlebtes Laub
vor die Füße
ins Gesicht
Gesänge
aus Einsamkeit
und Silberblitzen
Aber 
gegen den Wind gestemmt
geh ich weiter

(Ingrid Olbricht)


Sonntag, 8. Januar 2012

“I love your silence. It is so wise. It listens. It invites warmth. I love your loneliness. It is brave. It makes the universe want to protect you. You have the loneliness that all true heroes have, a loneliness that is a deep sea, within which the fishes of mystery dwell. I love your quest. It is noble. It has greatness in it. Only one who is born under a blessed star would set sail across the billowing waves and the wild squalls, because of a dream. I love your dream. It is magical. Only those who truly love and who are truly strong can sustain their lives as a dream. You dwell in your own enchantment. Life throws stones at you, but your love and your dream change those stones into the flowers of discovery. Even if you lose, or are defeated by things, your triumph will always be exemplary. And if no one knows it, then there are places that do. People like you enrich the dreams of the world, and it is dreams that create history. People like you are the unknowing transformers of things, protected by your own fairy-tale, by love.”

(Ben Okri, Astonishing the Gods)

Samstag, 7. Januar 2012

Die Dinge singen hör ich so gern

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heisst Hund und jenes heisst Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.

(Rilke)



Freitag, 6. Januar 2012

was brauchst du? einen baum ein haus zu
ermessen wie gross wie klein das leben als mensch
wie gross wie klein wenn du aufblickst zur krone
dich verlierst in grüner üppiger schönheit
wie gross wie klein bedenkst du wie kurz
dein leben vergleichst du es mit dem leben der bäume

du brauchst einen baum du brauchst ein haus
keines für dich allein nur einen winkel ein dach
zu sitzen zu denken zu schlafen zu träumen
zu schreiben zu schweigen zu sehen den freund
die gestirne das gras die blume den himmel


(friederike mayröcker)

Schneckenhausfrau

Donnerstag, 5. Januar 2012


wolken von zärtlichkeit
fangen mich ein,
und das glück beisst
seinen kleinen zahn
in mein herz

(hilde domin)

Mittwoch, 4. Januar 2012

ALIVE

“You live like this, sheltered, in a delicate world, and you believe you are living. Then you read a book, or you take a trip, or you talk with Richard, and you discover that you are not living, that you are hibernating. The symptoms of hibernating are easily detectable: first, restlessness. The second symptom (when hibernating becomes dangerous and might degenerate into death): absence of pleasure. That is all. It appears like an innocuous illness. Monotony, boredom, death. Millions live like this(or die like this) without knowing it. They work in offices. They drive a car. They picnic with their families. They raise children. And then some shock treatment takes place, a person, a book, a song, and it awakens them and saves them from death."
(Anais Nin)

"Man lebt so dahin, geborgen in einer Welt der Empfindsamkeit, und man glaubt zu leben. Dann liest man ein Buch, oder man macht eine Reise, oder man spricht mit Richard und man entdeckt, daß man nicht lebt, sondern in einem Winterschlaf versunken ist. Die Symptome des Winterschlafes sind leicht zu erkennen. Zuerst: die Rastlosigkeit. Das zweite Symptom (wenn der Winterschlaf gefährlich wird und in den Tod übergehen könnte): Fehlen des Vergnügens. Das ist alles. Es sieht wie eine harmlose Krankheit aus. Monotonie, Langeweile, Tod. Millionen leben so (oder sterben so), ohne es zu wissen. Sie arbeiten in Büros. Sie chauffieren einen Wagen. Sie picknicken mit ihren Familien. Sie ziehen Kinder auf. Und dann trifft sie ein Schock, ein Mensch, ein Buch, ein Lied, und weckt sie auf und rettet sie vor dem Tode."(Anais Nin, Tagebücher)
 

Dienstag, 3. Januar 2012

Leben heisst lernen,

 dass wir uns Zeit nehmen müssen,

 wenn wir welche haben wollen;

 dass wir verantwortlich sind

 für Gedachtes und Nichtgedachtes,

 Gesagtes und Nichtgesagtes,

 Getanes und Nichtgetanes;
  
dass der Sinn des Lebens

 darin liegt, immer die Liebe

 und das Leben im Sinn zu haben.



Leben heisst lernen,

 dass es nicht darauf ankommt,

 ob wir uns etwas schenken,

 sondern darauf, ob wir imstande sind,

 uns gegenseitig etwas zu geben,

 dass das Wesen des Lebens

 die Veränderung ist;

 dass wir Liebe säen müssen,

 wenn wir Liebe ernten wollen.



Leben heisst lernen,

 die Kunst der Gelassenheit auszuüben:

 das Weglassen, das Zulassen,

 das Loslassen;

 dass die schwierigste Aufgabe

 unseres Leben darin besteht,

 nie aufzugeben;

 dass unser Mensch-Sein untrennbar

 mit dem Mensch-Werden verbunden ist.



- Ernst Ferstl -


Montag, 2. Januar 2012

let me make this perfectly clear


do not think for one minute
it is the poem that matters.

all i have ever cared about
and all you should ever care about
is what happens
when you lift your eyes from this page.
it is not the poem that matters.
you can shove the poem.

what matters is
what is out there in the large dark
and in the long light,
breathing.
 
 
(gwendolyn macewen)

Sonntag, 1. Januar 2012

Zum Neujahr

Wir wollen glauben
an ein langes Jahr,
das uns gegeben ist,
neu, unberührt,
voll nie gewesener Dinge,
voll nie getaner Arbeit,
voll Aufgabe, Anspruch,
Zumutung.


Wir wollen sehen,
daß wir´s nehmen lernen,
ohne all zu
viel fallen zu lassen, von dem,
was es zu vergeben hat,
an die, die Notwendiges,
Ernstes und Großes
von ihm verlangen.

(Rainer M. Rilke)

Samstag, 31. Dezember 2011

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Richte dich nicht länger nach der Welt. Richte dich nach dem Licht, das in deinem Herzen tanzt. Dann werden deine Augen funkeln, wo andere die Hoffnung verlieren. ~Paul Ferrini~

Wir brauchen nicht so fortzuleben,
wie wir gestern gelebt haben.
Machen wir uns von dieser Anschauung los,
und tausend Möglichkeiten
laden uns zu neuem Leben ein.
 
(Christian Morgenstern)

Freitag, 30. Dezember 2011

Winterkälte: offene Tore. Es ist der letzte Tag des Jahres, ich sehe entfernte Liebe in einem Lichtzelt und möchte wieder einmal ewig leben.   

(Peter Handke)

Donnerstag, 29. Dezember 2011



Es ist nicht die Zeit,
um zu ernten.

Es ist auch nicht die Zeit,
um zu säen.

An uns ist es,
in winterlicher Zeit uns
eng ums Feuer zu scharen
und den gefrorenen Acker
in Treue geduldig zu hüten.

Andere vor uns haben gesät.
Andere nach uns werden ernten.

An uns ist es,
in Kälte und Dunkelheit
beieinander zu bleiben und,
während es schneit, unentwegt
wach zu halten die Hoffnung.

Das ist es.
Das ist uns aufgegeben
in winterlicher Zeit.

(Lothar Zenetti)

 
Tell me
what is it you plan to do
with your one
            wild and precious life?                  

(Mary Oliver)

Dienstag, 27. Dezember 2011

Sonntag, 25. Dezember 2011

Gebet



Herr, unser kleines Leben – ein Inzwischen,
Durch das wir aus dem Nichts ins Nichts enteilen.
Und unsre Jahre: Spuren, die verwischen,
Und unser ganzes Sein: nur ein Einstweilen.

Was weißt du, Blinder, von der Stummen Leiden!
Steckt nicht ein König oft in Bettlerschuhen?
Wer sind wir denn, um richtend zu entscheiden?
Uns war bestimmt, zu glauben und zu tun.

Lass du uns wissen, ohne viel zu fragen.
Lehr uns in Demut schuldlos zu verzeihn.
Gib uns die Kraft, dies alles zu ertragen,
Und lass uns einsam, nicht verlassen sein.

(Mascha Kaleko)

Samstag, 24. Dezember 2011

Weihnachten - wie es wirklich war



War es so?
Maria kam gelaufen
Josef kam geritten
Das Jesukindlein war glücklich
Der Ochse erglänzte
Der Esel jubelte
Der Stern schnaufte
Die himmlischen Heerscharen lagen in der Krippe
Die Hirten wackelten mit den Ohren
Die Heiligen Drei Könige beteten
Alle standen daneben


Oder so?
Maria lag in der Krippe
Josef erglänzte
Das Jesukindlein kam gelaufen
Der Ochse war glücklich
Der Esel stand daneben
Der Stern jubelte
Die himmlischen Heerscharen kamen geritten
Die Hirten schnauften
Die Heiligen Drei Könige wackelten mit den Ohren
Alle beteten


Oder so?
Maria schnaufte
Josef betete
Das Jesukindlein stand daneben
Der Ochse kam gelaufen
Der Esel kam geritten
Der Stern lag in der Krippe
Die himmlischen Heerscharen wackelten mit den Ohren
Die Hirten erglänzten
Die Heiligen Drei Könige waren glücklich
Alle jubelten


Oder so?
Maria jubelte
Josef war glücklich
Das Jesukindlein wackelte mit den Ohren
Der Ochse lag in der Krippe
Der Esel erglänzte
Der Stern betete
Die himmlischen Heerscharen standen daneben
Die Hirten kamen geritten
Die Heiligen Drei Könige kamen gelaufen
Alle schnauften


Oder etwa so?
Maria betete
Josef stand daneben
Das Jesukindlein lag in der Krippe
Der Ochse schnaufte
Der Esel wackelte mit den Ohren
Der Stern erglänzte
Die himmlischen Heerscharen jubelten
Die Hirten kamen gelaufen
Die Heiligen Drei Könige kamen geritten
Alle waren glücklich


Ja, so!


(Franz Hohler)

Freitag, 23. Dezember 2011

Der gute Engel

 
 
Dann kam der, den ich liebte,

den ich rief.


Nicht der, der durch die ungeschützten Himmel fegt,

durch die Gestirne ohne Hütten,

die Monde ohne Vaterland,

den Schnee.

 
Schnee, wie er fällt von einer Hand,

als Name,
 
Traum,

als Stirne.



Nicht der, der sich ins Haar

den Tod geflochten hat.

Der, den ich liebte.



Ohne die Luft zu ritzen,

ein Blatt zu knicken, noch ein Fenster anzurühren,

kam der, der sich ins Haar Schweigen geflochten hat.



Der, ohne Gewalt mir anzutun,

ein Ufer von sanftem Lichte in der Brust mir öffnet

und meine Seele schiffbar macht.




(Rafael Alberti)

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Unterwegs bleiben


Unterwegs bleiben
Dem Ziel entgegen
Mit dem Glauben, der uns leitet
Mit der Hoffnung, die uns stärkt
Und der Liebe, die uns trägt
 

Unterwegs bleiben
Trotz vieler Zweifel
Trotz vieler Mühen
Trotz vieler Widerstände

Unterwegs bleiben
Dem Stern folgen
Immer wieder still werden
Und ehrfürchtig danken
Für das Leben

(Max Feigenwinter)

Dienstag, 20. Dezember 2011

Die Nacht wird nicht ewig dauern.
Es wird nicht finster bleiben.
Die Tage, von denen wir sagen,
sie gefallen uns nicht,
werden nicht die letzten Tage sein.
Wir schauen durch sie hindurch
vorwärts auf ein Licht,
zu dem wir jetzt schon gehören
und das uns nicht loslassen wird.

(Helmut Gollwitzer)