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Montag, 4. April 2016

Ich glaube an die Wunder der Worte
 die in der Welt wirken 
und die Welten erschaffen

(Rose Ausländer)

Freitag, 1. April 2016


Frühaufsteherin

Wozu mit ihr streiten?
Zahlen
beeindrucken sie nicht.
Sie kommt von jenseits
der Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Hoffnung −
Frühaufsteherin
am schwärzesten Tag

(Rainer Malkowski)

Freitag, 25. März 2016

Ich habe Heimweh nach einem Land
in dem ich niemals war,
wo alle Bäume und Blumen
mich kennen,
in das ich niemals geh
doch wo sich die Wolken
meiner
genau erinnern,
ein Fremder, der sich
in keinem Zuhause
ausweinen kann.

Ich fahre
nach Inseln ohne Hafen,
ich werfe den Schlüssel ins Meer
gleich bei der Ausfahrt.
Ich komme nirgends an.
Mein Segel ist wie ein Spinnweb im Wind,
aber es reisst nicht.

Und jenseits des Horizonts,
wo die grossen Vögel
am Ende des Fluges
die Schwingen in der Sonne trocknen,
liegt ein Erdteil
wo sie mich aufnehmen müssen,
ohne Pass,
auf Wolkenbürgschaft. 

(Hilde Domin)


Dienstag, 22. März 2016

Hinter jedem Menschen 
steht ein grosses Geheimnis
seine Geschichte
sein Weg
seine Umwege

(Margot Bickel)

Donnerstag, 17. März 2016

Grenzübergänge

Du musst lernen
über Brücken zu gehen
ohne abzustürzen-
Brücken verbinden
die Kindheitserde
über viele Pilgerpfade
zur aufgehenden Sonne,
die deine westlichen Gedanken
mit dem schwebenden Gesang
meditierender Mönche verbindet -

Du musst käpfen lernen
ohne grausam zu werden
denn auf Erden 
fallen die Wünsche
immer zu Boden,
doch mit den Augen 
und mit dem Herzen
kannst du sie
immer zum Himmel heben.-

(Barbara Weidemann)

Sonntag, 13. März 2016

Roter Faden

Im Labyrinth 
der tausend Wirklichkeiten 
nützt keine Scharfsinn; 

Nur Weisheit das Traums, 
Leichtigkeit 
und Fledermausklugheit 

(Catarina Carsten)

Donnerstag, 10. März 2016

Samstag, 5. März 2016

Donnerstag, 3. März 2016

Nach uns wird bleiben der Baum 
der wortlos Geschichten erzählt von Menschen
die unterwegs Schutz suchten in seinem Schatten

(Annemarie Schnitt )

Sonntag, 28. Februar 2016

Mängisch dunkts eim scho 
dass s Läbe nüt anders sig 
als es Gwitter 
und mir 
mir seckle derdur 
und der eint breicht der Blitz 
und der ander nit
 und nienen e Hütte 
 wyt und breit.

(Franz Hohler)

Donnerstag, 25. Februar 2016

Winterzauber


Nach Träumen tauchen

Versenk Dich in Träume
sonst wirft Dich ein Spruch um.
Sie wurzeln in Bäumen
und Wind ist Wind.

Vertrau Deinem Herzen,
fängt die See auch Feuer
und lebe von Liebe,
auch wenn die Sterne rückwärts kreisen.

Ehre die Vergangenheit,
doch begrüsse die Zukunft
und tanz Deinen Tod fort
auf dieser Hochzeit.

Was kümmert Dich eine Welt
voller Schurken und Helden,
denn Gott mag Mädchen,
das Morgen und die Erde.

(E.E. Cummings)

Mittwoch, 24. Februar 2016

Sonntag, 21. Februar 2016

Was plötzlich auf dem Papier stand,
schrieb mir der alte Dichter,
war nicht viel länger
als mein kleiner Finger.
Aber ich hatte mich beinahe
ganz darin untergebracht:
meinen zerschlissenen Traum,
meine Unruhe,
meine Art,
die Menschen zu sehen

(Rainer Malkowski)

Donnerstag, 18. Februar 2016

Mittwoch, 17. Februar 2016

Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit
nicht als etwas erscheint,
das uns verbraucht und zerstört,
sondern als etwas, das uns vollendet.

(Antoine De Saint-Exupéry)

Dienstag, 16. Februar 2016

Samstag, 13. Februar 2016

Umzug

Ich räume das Haus
die Zimmer, die Treppen
die Jahre, Jahrzehnte
die Tage und Nächte
die Freunde, die Feinde
die Tassen, die Teller
die Kissen, die Decken
den Himmel, die Hölle
die Gräber
ich räume und räume
den Winter, den Sommer
den Wind und das Wetter.

(Elisabeth Borchers)

Mittwoch, 10. Februar 2016

erinnern

ein dach bauen
über augenblicke
die zu schön waren
als dass
der wind der zeit
einfach
über sie hinwegfegen darf
um sie fortzutragen
dahin
wo gleichgültigkeit
und
niepassiert
eineiige zwillinge sind

(frank hartmann)

Dienstag, 9. Februar 2016

Freitag, 5. Februar 2016


Wenn man  erst einmal die unsichtbaren Schranken niedergelegt hat, 
die immer noch die Normalen von den anderen trennen, 
wird der Blick frei für diese liebenswürdige und bunte andere Welt, 
die chaotischer, aber auch fantasievoller, 
die erschütternder, aber auch existenzieller, 
leidvoller, aber auch weniger zynisch ist 
als die glatt lackierte allgemein herrschende Normalität.

(Manfred Lütz)


Sonntag, 31. Januar 2016

Du brauchst nicht gut zu sein.
Du brauchst nicht Hunderte von Meilen
reuevoll auf Knien durch die Wüste zu rutschen.
Du brauchst bloss das kleine weiche Tier deines Körpers
lieben zu lassen, was es liebt.
Erzähl mir von Verzweiflung, deiner, und ich erzähle dir von meiner.
Derweil nimmt die Welt ihren Lauf.
Derweil bewegen sich die Sonne und die klaren Kiesel des Regens
durch die Landschaften,
über Prärien, die tiefen Bäume,
die Berge und Flüsse.
Derweil ziehen die wilden Gänse hoch in der klaren, blauen Luft
wieder heimwärts.
Wer immer du bist, gleich, wie verlassen,
die Welt bietet sich deiner Phantasie dar,
ruft dich wie die wilden Gänse, mit rauer, aufregender Stimme –
immer wieder, und verkündet dir deinen Platz
in der Familie aller Dinge.

(Mary Oliver)

Freitag, 29. Januar 2016

Donnerstag, 28. Januar 2016

Morgen

Morgen passen mir die roten Schuhe
Morgen bin ich leicht und hafte nirgends
Morgen bläst mich dein geheimer Atem
Meertief über das zerwühlte Herzland
Morgen spielt der Abend mir vom Blatt
Rotem Sichelblatt des Eukalyptus
Drei vergessene winzige Etüden
Hingetupfte schwarz und elfenbein.

(Marie Luise Kaschnitz)