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Mittwoch, 19. Oktober 2011

Die schwersten Wege werden allein gegangen.
Die Enttäuschung, der Verlust,
das Opfer sind einsam.
Alle Vögel schweigen.
Man hört nur den eigenen Schritt,
den der Fuß noch nicht gegangen ist,
aber gehen wird.
Stehenbleiben und Umdrehen hilft nicht.
Es muss gegangen sein.

(Hilde Domin)

Wer Schmetterlinge lachen hört.....


Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken.
Der wird im Mondschein,
ungestört von Furcht,
die Nacht entdecken.
Der wird zur Pflanze, wenn er will,
zum Stier, zum Narr, zum Weisen
und kann in einer Stunde,
durchs ganze Weltall reisen.
Wer in sich fremde Ufer spürt,
und den Mut hat, sich zu recken,
der wird allmählich,
ungestört von Furcht,
sich selbst entdecken.
Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken.
Der wird im Mondschein,
ungestört von Furcht,
die Nacht entdecken.
Wer mit sich selbst in Frieden lebt,
der wird genau so sterben,
und ist selbst dann
lebendiger als alle seine Erben.

(Novalis)
Ring the bells that can still ring
Forget your perfect offering
There is a crack in everything
That's how the light gets in
              
(Leonard Cohen)

Montag, 17. Oktober 2011



Der nächste Schritt ist immer fällig. Man weiß ihn genau.
Wenn du ihn tust, wirst du dadurch, dass du erlebst, wie du ihn dir zugetraut hast, auch Mut gewinnen. Während du ihn tust, brichst du nicht zusammen, sondern fühlst dich gestärkt.

Es gibt nicht nur die Gefahr, dass du zuviel riskierst, es gibt auch die Gefahr, dass du zu wenig riskierst.

Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füsse.


(Martin Walser)

Stimme des anderen Tages



Wanderung, Wandlung, dieses

Eine ist gewiss:

Die Gärten des Paradieses,

die Täler der Finsternis

sind nicht so weit entfernte

Länder wie wir geglaubt,

und nicht jeder Ernte

stehen wir beraubt.


Tief in der Unrast Zonen,

eh wir die Furche ziehen,

ehe wir bauen und wohnen,

gehen wir so dahin

fast wie ungeboren

fast wie ohne Schuld,

keinem Ding verschworen,

wartend in Geduld ...

Und lauschen der Stimme des andern

Tages, der in uns beginnt

und hören nicht auf zu wandern,

bis wir verwandelt sind.


(Marie-Luise Kaschnitz)

Sonntag, 16. Oktober 2011


"Wäre es uns möglich, weiter zu sehen, als unser Wissen reicht... vielleicht würden wir dann unsere Traurigkeiten mit größerem Vertrauen ertragen als unsere Freuden. Denn sie sind die Augenblicke, da etwas Neues in uns eingetreten ist, etwas Unbekanntes; unsere Gefühle verstummen in scheuer Befangenheit, alles in uns tritt zurück, es entsteht eine Stille und das Neue, das niemand kennt, steht mitten darin und schweigt."

(R.M. Rilke)

Samstag, 15. Oktober 2011


Die Sterne
zu meiner Linken
begleiten mich auf
dem Wege
des Abschieds
Sie lächlen leise
und sagen mir
sanfte Worte
ins Ohr:
Abschied ist Wiederkehr
Und nichts ist
für immer.

(Ju Sobing)

Freitag, 14. Oktober 2011

federleicht


leicht will ich werden
liebste
federleicht
dann kann ich dich
fliegen lassen
und wir werden beide
unsere eigenen kreise ziehn
wie zwei adler
hoch überm dunst der täler
und kehren doch zurück
zum anderen
wenn es abend wird.

(franz hohler)

Storms

There will be storms, child
There will be storms
And with each tempest
You will seem to stand alone
Against cruel winds
But with time, the rage and fury
Shall subside And when the sky clears
You will find yourself
Clinging to someone
You would have never known
But for storms.

(Margie DeMerell)

am ende des tages
die sich aufdrängende frage
nach geleistetem
ich überhöre sie
und sehe darüber hinweg
ich sehe
was ich sehe
ist nicht beschreibbar
nicht in worte zu fassen
nur annäherung
wie immer wenn ich schreibe

(Marc Stadelmann)

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Wann ist es wirklich aus?
Was ist das wahre Ende?
Alle Grenzen sind
wie mit einem Stück Holz
oder einem Schuhabsatz
in die Erde gezogen.

Bis dahin....
hier ist die Grenze.
Alles das ist künstlich.
Morgen spielen wir
ein anderes Spiel.

(Franzisco Tanzer)


the laughing heart

your life is your life
don’t let it be clubbed into dank submission.
be on the watch.
there are ways out.
there is a light somewhere.
it may not be much light but
it beats the darkness.
be on the watch.
the gods will offer you chances.
know them.
take them.
you can’t beat death but
you can beat death in life, sometimes.
and the more often you learn to do it,
the more light there will be.
your life is your life.
know it while you have it.
you are marvelous
the gods wait to delight
in you.


(Charles Bukowski)

Dienstag, 11. Oktober 2011

Nicht müde werden

Du bist stark
sagen sie
Du hast viel Kraft
sagen sie
auf der Suche
nach meiner Stärke und Kraft
begegnete ich
meiner Angst und Verwirrung
meinem Neid und Hass
meiner Armut und Verzweiflung
meinen Tränen und Wunden
vergeblich suchte ich nach
meiner Stärke und Kraft
da setzte ich mich zu
meiner Angst und Verwirrung
meinem Neid und Hass
meiner Armut und Verzweiflung
meinen Wunden und Tränen
und versuchte sie
anzusehen und
hineinzuspüren und
auszuhalten und
zu verstehen
und manchmal zeigte ich
ein wenig von
meiner Angst oder Verwirrung
meinem Neid oder Hass
ich sprach von meiner Armut oder Verzweiflung
meinen Wunden oder Tränen
du bist stark
wiederholten sie
du hast viel Kraft
wiederholten sie
und ganz langsam
fing ich an zu begreifen

Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise wie einem Vogel
die Hand hinhalten.


(Hilde Domin)

Hoffnung



Was tun wenn die Nacht
sich dir in die Arme wirft
Sturm sich in ihre
Arme wirft
Leere
weit wie die Welt


Weltweites Auge aller Sterne
geschlossen
Wind hält in Atem
die Nacht

Halte den Atem an
bis die Nacht
dich in die Arme legt
dem Morgen


(Rose Ausländer)

Sonntag, 9. Oktober 2011

 dann müssen wir
mehr als die anderen
den boden unter den füssen fühlen
während wir gehen
diesen kurzen boden
von morgen zu abend

wir müssen dünne sohlen tragen
oder barfuss gehen
was wir berühren
mit leichtem finger berühren
mit wachen fingerspitzen
nicht achtlos

jedes mal ist das letzte
oder könnte es sein
wir tun es für alle die vor uns waren
und für alle die nach uns
es nicht tun
oder ganz anders

(hilde domin)

Samstag, 8. Oktober 2011


Immer ein Stück
sich selbst voraus sein
auf den Wegen voran
Wandlungen begegnen
wie Freunden
Veränderungen begrüßen
wie den Wandel der Jahreszeiten
dem Rhythmus
dem Kreis nachspüren
dem Lauf der Flüsse ins Meer

(Annemarie Schnitt )

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Am Ende meines Weges


Am Ende meines Weges ist ein tiefes Tal.

Ich werde nicht weiter wissen.

Ich werde mich niedersetzen und

verzweifelt sein.


Ein Vogel wird kommen und über das Tal

fliegen, und ich werde wünschen,

ein Vogel zu sein.


Eine Blume wird leuchten jenseits

des Abgrundes, und ich werde wünschen,

eine Blume zu sein.


Eine Wolke wird über den Himmel ziehen,

und ich werde eine Wolke sein wollen.


Ich werde mich selbst vergessen.

Dann wird mein Herz leicht werden

wie eine Feder, zart wie eine Margerite,

durchsichtig wie der Himmel.


Und wenn ich dann aufblicke,

wird das Tal nur ein kleiner Sprung sein

zwischen Zeit und Ewigkeit.


Indianische Weisheit

Mittwoch, 5. Oktober 2011


Wenn wir genau hinsehen

gehen Lichtlinien

durch die Finsternisse

und das Schweigen


unseres Lebens

Und gelegentlich

sammelt sich das Licht

zu kleinen Lichtpfützen


auf denen es möglich ist

zu segeln

in das alltäglich Leben hinein

oder aus ihm fort

in die Welten

die es noch zu entdecken gibt


(U. Schaffer)

Dienstag, 4. Oktober 2011



Ich sammle
meine Verluste
in einer Schale
sie blühen schwarz
wie Mohnduft
in mein Niemandsland.

(Rose Ausländer)

Montag, 3. Oktober 2011


Es gibt ein Gesetz im Leben,
dass, wenn sich eine Tür schließt,
eine andere sich auftut.
Wenn aber die Türen

durch die wir im Leben gegangen sind,
sich schließen, eine nach der anderen,
dann lösen sich die Wände vor unseren Augen auf,
und die Welt wird gross.
Das Licht einer anderen Wirklichkeit liegt über ihr,
und unser Weg fängt noch einmal an.

(Jörg Zink)

Sonntag, 2. Oktober 2011

 
wer, wenn nicht diejenigen unter ihnen,
die ein schweres los getroffen hat,
könnte besser bezeugen,
dass unsere kraft weiter reicht als unser unglück,
dass man, um vieles beraubt,
sich zu erheben weiss
dass man enttäuscht,
und das heisst,
ohne täuschung
zu leben vermag
 
(Ingeborg Bachmann)

Samstag, 1. Oktober 2011

"Und manchmal, während wir so schmerzhaft reifen, dass wir beinahe daran sterben, erhebt sich aus allem, was wir nicht begreifen, ein Gesicht und sieht uns strahlend an."

(Rainer Maria Rilke)

Donnerstag, 29. September 2011


Nimm deinen Segen nicht von mir
Laß deine Hände liegen
Und deine Liebe und bleib hier
Wenn alle Vögel fliegen.

Und wenn du in der Tür schon stehst
Dann komm noch einmal wieder
Und hör mich an, bevor du gehst
Und höre meine Lieder.

Leg deine Hand auf mein Gesicht
So, dass mich niemand sieht
Dann, Liebster, fürchte ich mich nicht
Vor allem, was uns blüht.

Nimm deinen Segen nicht von mir
Laß deine Hände liegen
Und deine Liebe und bleib hier
Wenn alle Vögel fliegen.

(Bettina Wegner)

September Song


Oh, its a long, long while

from May to December,

But the days grow short

when you reach September.


When the autumn weather

turns the leaves to flame

one hasn't got time

for the waiting game.


Oh the days dwindle down

to a precious few

September

November


And these few precious days

I'll spend with you.

These precious days

I'll spend with you.

Mittwoch, 28. September 2011

Dienstag, 27. September 2011

Ende September

zu klaren wassern
will ich gehen

herbstberge
will ich besteigen

ozeane überfliegen

und wilde hunde
streicheln.

(franz hohler)

Montag, 26. September 2011

Dein Platz


Dort, wo die Abendsonne
nie verlöscht, wo Blätter,
wenn sie fallen,
aufgefangen werden
und die Sterne ihren Glanz
nie mehr verlieren können –
da bist du.

(Vreni Merz)